Herbst ging in die Wohnung hinein. Ich folgte ihm und schaute mich um. Die Mäntel, die an der Garderobe hängen sollten, lagen auf dem Boden. Ihre Innentaschen waren nach außen gekrempelt. Selbst wenn ich Frühlings Idee ernsthaft in Betracht gezogen hätte, so war dies definitiv kein Werk eines Wirbelsturms.
Die Schubladen der Schränke waren geöffnet und ihr Inhalt auf dem Fußboden verteilt. Der Spiegel an der Wand war eingeschlagen worden und die Scherben lagen zwischen den Mänteln und dem anderen Plunder.
Die Dinge schienen auf den ersten Blick keinen materiellen Wert zu haben – nur alter sentimentaler Krempel. Ich fragte mich gerade, ob der oder die Einbrecher alle wertvollen Dinge mitgenommen hatten, als ich auf dem Boden eine vollgefüllte Geldbörse sah.
Mein Blick nach Oben verriet, dass die Verkleidung der Deckenlampe abgerissen worden war. Anscheinend hatte man alle möglichen Verstecke durchsucht.
Der Kleiderschrank war leicht nach vorne gerückt.
Ich sagte zu Frühling: »Wer auch immer hier gesucht hat, er war auf jeden Fall gründlich.«
Ohne direkt auf meine Fragen einzugehen, murmelte Herbst zu sich: »Die Typen müssen nach dem Mord einen gesamten Tag gesucht haben. Solche Durchsuchungen sind enorm zeitintensiv. Außerdem haben sie nicht gefunden wonach sie suchten, sonst wäre die Verwüstung nur auf ein paar Räume beschränkt.«
Überrasch sagte ich zu Frühling, die immer noch vor der Tür stand: »Kann er uns hören?«
Frühling sagte: »Ich hatte gehofft, dass der elende Depri uns hören kann. Dann können wir ihn endlos beleidigen.«
Ich sagte zu Herbst: »Warum glaubst Du, dass es mehr als ein Einbrecher war?«
Er sah mich nicht an, als er sagte: »Soweit ich das sehe, muss es mehr als eine Person gewesen sein. Es ist mehr ein Gefühl, aber ich glaube, dass eine Person alleine, anders gesucht hätte. Vielleicht wäre es hier dann weniger chaotisch.«
Frühling sagte: »Cool er hört uns, ohne uns richtig wahrzunehmen.«
Danach folgten viele Wörter und Sätze von Frühling an ihren Bruder, die ich an dieser Stelle nicht niederschreiben möchte.

6 Gedanken zu „Nur Hören“
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Liebender Sebastian
Ich bin ja im Herbst geboren und finde Ihn zum Ende hin eher wehmutsvoll und doch
ist mir sein Charakter irgendwie genehmer denn der eitlen selbstgefälligen Frühlingsdame
obwohl mein Garten eine satte bunte andre Sprache spricht ist Sie für mich die Verkörperung einer „Hassliebe“ alleine das Unwort ist ein Selbstwiderspruch
Kurzum ich lese ja nie Krimis doch hier geht Es um Leben und Tod meiner Integrität und
Identität als wohlwollender Ganzjahresmensch Ob ich verwirrt bin
Ganz sicher und das ist Frühlings Werk
Oder Deines
Beider ein Komplott
lachend
Dir Joachimsherz
Ich habe die Befürchtung, dass ich Frühling zu schlecht wegkommen lasse. In dem Fall bin ich vielleicht etwas parteiisch – ihr Buntes Band aus Pollen kann mir gerne gestohlen bleiben. Ich lebe gerne ohne Atemnot, tränenden Augen und verstopfter Nase.
Gruß,
Sebastian
Lese ja öfter mit – hab ich eigentlich schon mal ein GROSSARTIG dagelassen?
Das ist es nämlich einfach GROSSARTIG – immer toll geschrieben.
Dank Dir.
Der Blog ist meine Spielwiese. Ich versuche besser zu werden. Im Vergleich zu den Anfängen sehe ich selbst eine Steigerung, die mir sehr gefällt. Ich habe damals auf Tumblr angefangen mich nach Jahrzehnten erneut schriftlich zu betätigen.
Vielleicht schaffe ich es ja, das was da ist noch besser hinzubekommen. Dann klappt es vielleicht auch mal zum Buch. 😉
Noch einmal danke.
Liebender Sebastian
Ich lege Dir innig nahe die perfektionistische Attitüde es“..noch besser hinzubekommen.“
Fallen zu lassen so ala Frühling die ja eine aufreizende Mischung von und ist.
Gerade dies gibt Dir und Ihr jene Anmut die ja zutiefst menschlich ist und jenseits
literarischer Germanistenschreiberlingskünstlichkeit blüht „Die blaue Blume“
dankenswert
Dir Joachim von Herzen