Frühling steckte die Drähte zurück in ihre Handtasche, welche sie sich über den Arm gezogen hatte und lächelte unschuldig. Der Gesichtsausdruck ähnelte dem eines kleinen Kätzchens oder dem eines bettelnden Welpens.
Wahrscheinlich brachte sie damit jeden Schneemann innerhalb von Sekunden zum Kochen, allerdings lenkten mich meine schmerzenden Hände ein wenig ab, so dass sie ihr Ziel knapp verfehlte.
Mit einer butterweichen Stimme – ich spreche hier nicht von einer Butter, die direkt aus dem Kühlschrank auf den Tisch kommt, sondern von einer, welche einen Tag lang in der Sonne bei 30 Grad Celsius stand – sagte sie: »Der Anfang war vielleicht etwas zu grob. Du musst mich entschuldigen. Ich habe viel zu selten Kontakt zu Sterblichen.«
Ich sagte: »Mit wem unterhältst Du Dich denn sonst?«
Sie sagte: »Die Natur ist nicht nur meine Mutter, sonder auch mein bester Freund und ich bin viel lieber draußen als drinnen.«
Innerlich bewegten mich ihre Augen, die tief in mich hineinzuschauen schienen. Langsam verschwand meine Verärgerung, als hätte sie einen Schalter umgelegt und ich sagte: »Vielleicht sollten wir wirklich noch einmal von Vorne anfangen.«
Erleichtert sagte sie: »Ich habe Dir etwas mitgebracht«.
Mit einem Griff in ihre Tasche holte sie ein kleines Kästchen hervor, welches zierlich verpackt war. Tausend Schmetterlinge schienen auf einer Schleife zu tanzen, die um den Deckel gebunden war. Das Geschenkpapier war mit Herzchenmuster bedruckt und ich konnte die Schachtel mit einer Hand tragen.
Sie war nicht besonders schwer und duftete nach Blumen.
Vorsichtig zog ich an der Schleife. Der Knoten löste sich sanft.
Kaum war er vom Deckel herunter, knallte es.
Für einen Augenblick konnte ich nichts mehr sehen. Im ganzen Raum war es finster. Nur kleine helle Punkte bewegten sich fließend vor meinen Augen. Der Rauch brannte in meiner Kehle und ich musste würgen.
Auf dem Sofa erklang ein glockenhelles Lachen.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

17 Gedanken zu „Glockenhelles Lachen“
      1. Liebender Alexander der schreibenden Zunft
        Als nichtakademischer Kommunikationsforscher und Sprachheiler
        darf ich Dich dahin bestätigen das der künstlerische Reiz darin
        besteht wie Es eben genau jeder Maler hintupft streichelt oder spachtelt
        Lass ab vom Kampfe Form und Inhalt
        Poesie ist unperfekt Vollkommenheit
        dankend
        Dir Joachim von Herzen

        1. Ich hab mich bei der Reise mit Winter etwas treiben lassen. Wenn man eine halbwegs durchgängige Geschichte erzählen will, sollte man vorher wissen, wo die Reise hingeht. Ich musste feststellen, dass es ganz ohne Planung sehr ziellos werden kann. 😉
          Dafür kann man allerdings vieles als Grundlage nutzen.

          1. Das kann sein. Im Geschichten ausdenken bin ich nicht so daheim, ich beschreibe nur wahre Begebenheiten auf. Nach 2-3 mal Korrektur lesen sagt mir mein Bauchgefühl: jetzt passt es!
            Ich schätze mal wenn man eine Geschichte schreibt, braucht man doch einen groben Plan. 😉 Und viel Fantasie!

          2. Der Blog hier ist der Versuch regelmäßig zu schreiben und Sachen auszuprobieren. Eine Art Spielwiese, auch um eine eigene Stimme zu finden, herauszufinden was andere mögen und was man lassen sollte.
            Wir werden sehen, wohin mich Frühling bringt. 😉

  1. Dass dich Frühling ablenkt und aus dem Takt bringt, passt aber hervorragend zu der ‚Personen’beschreibung, die du uns von ihr gibst. 😉 Lass dich ruhig weitertreiben von ihr! 🏅

    1. Das wird schwierig – ich will mit ihr ja den Fall der alten Frau in der von innen geschlossenen Wohnung lösen.
      Wenn sie sich dauernd ablenken lässt, werden wir wohl noch einige Probleme haben. 😉

        1. Na so richtig überrascht mich nix mehr.
          (Ich habe gerade 74 Beiträge auf der Halde. Mir bleibt jetzt nur noch das Finale. Noch 13 Beiträge bis zum Ende des Frühlings. Ich hoffe Du rechnest jetzt nicht nach und kommst mir erneut damit, dass der Sommer nicht pünktlich starten kann… 😉 )

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