Wie ich zum Zug gekommen bin, kann ich nicht mehr beschreiben. Irgendwann saß ich auf jeden Fall im Abteil gegenüber von Winter.
Ihre Mine war wie versteinert und sie sah aus dem Fenster.
Ich sagte: »Ist wohl nicht so gut gelaufen mit Deiner Mutter.«
Sie sagte: »Meine Eltern sind komisch. Auf der einen Seite lauf ich sofort los, wenn sie rufen, auf der anderen Seite möchte ich rennen, wenn ich da bin. Glücklich haben mich diese Besuche noch nie gemacht.«
Ich sagte: »Es geht auch vielen Menschen so. Eigentlich ist es merkwürdig, dass die Beziehung von Eltern zu Kindern häufig so komisch ist. Schließlich verbringen sie einen großen Teil des Lebens zusammen und teilen sogar die gleiche Genetik.«
Nachdenklich blickte Winter nach draußen. Sie sagte: »Vielleicht hat das einen evolutionären Grund. Die Kinder sollten sich möglichst weit von den Eltern entfernen, um ihre Sippe über die ganze Welt zu verstreuen.«
Ich sagte: »Glaub ich nicht. Ich hab mal gelesen, dass Frauen älter werden als Männer, weil sie die Funktion haben, sich um die Enkel zu kümmern. Das geht ja nicht, wenn man nicht in der Nähe wohnt.«
Winter sagte: »Dann sollte die Beziehung zwischen Eltern und Kinder eigentlich anders sein, als sie in meiner Familie ist. Allerdings sind wir ja keine Sterbliche. Vielleicht macht uns das ja zu etwas ganz Besonderen.«
Ich sagte: »Ich kenne zu viele Familien, in denen die Beziehungen zwischen Eltern und Kind belastet sind. Bei mir ist das zum Glück nicht der Fall, aber ich kann Dir Geschichten erzählen…«
Winter schüttelte den Kopf und sagte: »Brauchst Du nicht. Kenn ich alles. Immer das gleiche – man könnte meinen, dass ihr von uns abgeschaut habt.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

26 Gedanken zu „Eltern / Kind“
          1. Koma? Tja ich behaupte mal, dass Du recht hast.
            Wobei – ich lass mir doch nicht von meinem Körper sagen, wann Schluss ist. Wo kommen wir denn da hin?

          2. du weisst ja, gutes Hauspersonal ist schwer zu kriegen, aber bevor man am Freitagabend selber in den Keller geht… so ist der Wein immer noch nicht da, wo ich in gerne hätte…wahrscheinlich ist er schon eingeschlafen,, der gute…

          3. also wenn man jetzt auch noch dem Diener hinterhergehen soll, stellt sich die Frage, für was man denn einen hat? aber hatten die im Mittelalter echt schon Internet? Cool. Keine Heizung, aber Internet. Sachen gibst…

          4. Na hör mal, kannst Du Dir eine Welt ohne Internet vorstellen? Ich nicht. Also muss es das gegeben haben. Ganz einfache Logik für kurz nach 22 und einen Whiskey…

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