Eine neue PPB (Produktbewertungsbenachrichtigung – Rezensionen kann ja schließlich jeder) steht, wie angemeldet, in den Startlöchern.
Dabei stellt sich die Frage, was Startlöcher überhaupt sind? Stehen sie in Verbindung mit diesen Hosenlöchern, ohne die im Augenblick keine Markenjeans auszukommen scheint? Das wäre doch recht lustig, sich einen Text im neuen Gewandt der kaputten Hose vorzustellen. Da kann man nur hoffen, dass dieser Text schöne, unbehaarte Beine hat.
Eine PPB zu schreiben ist für mich allerdings ein ähnlich dämliches Unterfangen. Es ist neumodisches Werbungskosten-Zeug, welches ich mir eigentlich verkneifen wollte. Dies hier sollte ein Blog mit einem Buch und kein Blog über Bücher sein.
Dabei reißt mich jedoch die Vorstellung zu sehr, über Bücher und Sachen zu schreiben, die ich mag.
Wenn ich allerdings nur über Sachen schreibe, die ich mag, hätte ich wohl auch einfach über mich schreiben können – was ich eigentlich bisher in meinen Texten tat.
Irgendwie mag ich mich ja doch, trotz oder wegen der vielen Fehler. Schuld daran ist wahrscheinlich die christliche Leere (ja ich weiß, dass das anders geschrieben wird. Ich beweise nur gerade Kreativität in der Rechtschreibung).
In der Bibel steht ja bekanntlich, dass man seinen Nächsten so lieben soll, wie sich selbst. Ich hatte, als ich den Spruch hörte, beschlossen, mit dem zweiten Teil anzufangen. Der erste Teil mit den Nächsten würde folgen – stellte sich dann jedoch als weitaus weniger ausgeprägt bei mir heraus.
„Die Liebe zu sich selbst ist der Beginn einer lebenslangen Romanze“, soll der alte Wild mal gesagt haben. Damit hat er doch recht, oder? Zumindest erspart man sich bei dieser Romanze die Widerworte.
Quality Land
Na auf jeden Fall wollte ich hier jetzt mal über das Buch „Quality Land“ plaudern.
Das Buch hat mich zunächst sehr traurig gemacht. Das lag keinesfalls an der Handlung, sondern an der Tatsache, dass Herr Kling zum wiederholten Mal das Buch geschrieben hat, welches ich gerne geschrieben hätte. (So ein verdammter Mistkerl!)
Der Anfang war etwas schwergängig. Es muss hier erwähnt werden, dass ich das Buch als Lesung vom Autor höchst persönlich konsumiert habe. Zum Lesen fehlt mir einfach die Zeit, und der Vorleser ist so überwältigend gut, als hätte er das Gelesene selbst geschrieben (hat er ja auch).
Wenn ich etwas vorlese, was ich selbst geschrieben habe, klingt es trotzdem blöd. Ich kann einfach nicht vorlesen. Das können meine Kinder bezeugen. Sie schlafen regelmäßig dabei ein.
Bei Herrn Kling klingt die Sache allerdings besser. Er hat wohl nicht nur ein Talent als Schreiber, sondern auch als Vorleser. Der Typ ist einfach beneidenswert.
Bevor ich hier noch mehr in Lob ausbreche, möchte ich zunächst dem Buch das Känguru-Prädikat „WITZIG“ verleihen. Der Text sprüht vor Esprit und guten Ideen.
Gleichzeitig steckt so viel Sozialkritik hinter den Zeilen, dass man aus dem Staunen kaum rauskommt. Beim Hören hatte ich zumindest kein „Peters Problem“, da ich anscheinend zur Zielgruppe gehöre.
Was ist „Peters Problem“?
Peter hat das Problem, dass irgendein merkwürdiger Algorithmus ihn falsch eingestuft hat. Er erhält jetzt Nachrichten, Wahre und Werbung (dazu auch Vorschläge zur Partnerwahl) die er gar nicht will. Dabei ist das System so mächtig, dass es nur an der extremen Aufsässigkeit und Penetranz des Protagonisten liegt, dass er sich nicht irgendwann beugt, um so zu werden, wie man es von ihm es erwartet.
Das Problem ist keinesfalls ein Science-Fiction Phänomen (auch wenn „Quality Land“ ein Science-Fiction Roman ist). Peters Problem existiert heute schon, z.B. bei FB.
In dem genannten Netzwerk werden einem Produkte, Freunde und Gruppen vorgeschlagen, die möglicherweise zu einem passen. Dabei stützt sich das System auf berechnete Fakten. Das macht es Bots besonders leicht, Menschen mit den alternativen Wahrheiten zu füttern, die sie vermutlich hören wollen.
Eine wirklich schöne neue Welt. Peters Problem scheint im Netz allgegenwärtig.
Herrn Kling gelingt es erneut, diese ernsten Themen sehr eloquent anzusprechen. Ich fand nicht einen erhobenen Zeigefinger. Die Dystopie ist so witzig, dass man am liebsten dort verweilen möchte. Das Ende des Buches, welches ein paar Fragen offen lässt, traf mich so unvorbereitet, dass ich aus purer Verzweiflung das Hörbuch gleich nochmal startete.
Ärgerlich ist die Tatsache, dass Herr Kling sein Werk in zwei Ausgaben herausgibt. Die weiße Edition ist leicht unterschiedlich zur schwarzen Edition. Dabei scheint sich an der Handlung nichts zu ändern.
Jedenfalls behauptet das die Werbekampagne.
Vorsichtshalber habe ich mir die weiße Edition als Buch dazu gekauft.
Mein Hörbuch ist schwarz. Die Unterschiede sind wohl auf die Werbung und Nachrichten zwischen den Kapiteln beschränkt.
Kontra
Hinderlich für einen gelungenen Genuss eines potenziellen späteren Lesers ist auf jeden Fall das Fehlen eines Humor-Moduls beim Konsumenten.
Ich bin selbst ein Mensch (einige werden das kaum glauben) der mit einem sehr speziellen Humor gesegnet (einige behaupten gestraft) wurde.
Ich erinnere mich noch gut an den ersten Spruch, den ich den Erstsemestern als Assistent im Grundpraktikum zurief: „Hallo und herzlich willkommen beim Grundpraktikum. Ich bin von der Arbeitsgruppe Professor Boese und wie der Namen das schon sagt – wir sind die Guten!“
Bei fast allen Gruppen erklang ein gequältes bis mitleidiges Lachen.
Nur eine Gruppe sah mich verdutzt an, schüttelten den Kopf und sagte im Chor: „Verstehen wir nicht“.
Solltet ihr zu dieser letzten Art von Menschen gehören, dann vergesst das Buch. Bitte lest etwas anderes. Ihr gehört dann einfach nicht zur Zielgruppe.
Eine gute Portion Ironie-Verständnis ist ebenfalls wünschenswert. Kling spricht über ernste Probleme mit so viel Humor, dass es einem beim ersten Lesen oder Hören einfach nicht auffällt. Hier ist ein Meister am Werk.
Eine Warnung habe ich noch am Ende. Das Buch ist auch ohne Kenntnisse über die vorangegangene Trilogie lesbar. Fast kein Protagonist aus der Känguru-Chronik taucht auf. Allerdings behält sich der Autor vor, ein paar Querverbindungen und Anspielungen auf seine Werke einzubauen. Diese Anspielungen können getrost überlesen werden.
Wer allerdings weiß, worauf hier angespielt wird, hat noch viel mehr Spaß.
Ich möchte mich hier übrigens ganz klar davon distanzieren, dass ich indirekt gesagt habe, dass jeder, der das Buch nicht mag, auch keinen Humor hat. Aber irgendwie stimmt das schon…
Fazit
Von mir bekommt das Buch auf jeden Fall eine volle Punktzahl. Das Hörbuch ist ebenfalls genial. Wer noch platz in seinem Bücherschrank hat und Humor nicht abgeneigt ist, sollte sich das Buch anschaffen.