Anja hatte eine Augenbraue sowie einen Mundwinkel schief nach oben gezogen. Sie schüttelte den Kopf.
Ich klatschte in die Hände. »Das klingt doch Alles sehr plausibel. Wenn Du mich fragst, sind die Theorien wasserdicht. Ich frage mich, warum man sowas nicht im Physikunterricht lernt.«
»Ich verstehe nur böhmische Dörfer. Er hätte uns den größten Mist erklären können. Wenn man nicht mehr weiterweiß, hilft immer Techno-Gebrabbel.«
»Es ist kein Gebrabbel, sondern Physik. Man kann es nachlesen.«
Boris warf ein weiteres Glas in den Schaum. Er stocherte wild mit der Bürste in dem Becken herum.
Die Tür der Küche schwang auf. Mein Onkel betrat den Raum. Er strahlte über das gesamte Gesicht. »Ich freue mich schon auf unsere Wanderung. Das wird bestimmt spannend. Ich habe so etwas schon seit bestimmt 20 Jahren nicht mehr gemacht.«
Er trat zu Boris und griff in seine Tasche. Etwas klimperte darin.
Langsam zog er die Kette heraus, an denen vier Teile gegeneinanderschlugen. Boris bekam große Augen. »Wie?«, fragte er.
Mein Onkel lachte. »Ich habe mit Wilhelm gesprochen. Es war nicht leicht, ihn zu überzeugen, letztendlich hat er dann allerdings doch eingewilligt. Ich habe ihm allerdings nicht davon erzählt, dass Du den Anhänger als Talisman nutzt. Dafür würde er kein Verständnis zeigen.«
Fassungslos betrachtete ich den Schlüssel. Boris nahm ihn meinem Onkel vorsichtig aus den Händen.
Mein Onkel wollte gerade wieder gehen, als ich ihn stoppte. »Ich habe Siegfried nicht die gesamte Wahrheit gesagt.« Mein Kopf wanderte schuldbewusst nach unten. Meine Schultern sackten ab.
Mein Onkel betrachtete mich lange. »Was ist denn?«
»In dem alten Steinbruch gibt es tatsächlich einen Schatz. Er liegt hinter einer geheimen Tür.«
Boris trat mir auf den Fuß. Anja stand plötzlich eng an meiner Seite.
Kleinlaut sagte ich: »Wir wollen den Schatz holen.«
»Und was ist mit dem Geist?«
»Den gibt es wirklich. Er bewacht den Schatz. Der Geist ist allerdings nicht so wichtig. Wir wollen das Gold dafür benutzen, dass Boris Eltern ihre Schulden abbezahlen können.«
Mein Onkel sah Boris an. »Ist das die Wahrheit?«
Boris sah mich für eine kurze Zeit imitiert an. Dann nickte er in die Richtung meines Onkels.
Ich sagte: »Sein Vater hat bei einem russischem Verbrecher Geld geliehen, welches er dringend für seinen Laden brauchte. Die Kerle wollen das Geld jetzt zurück. Ihnen ist jedes Mittel recht. Sie waren schon zweimal hier, um Boris zu entführen.«
»Du meinst, das waren die Leute im Anzug?«
»Ja das waren sie. Wenn wir das Gold finden würden, könnte Boris Vater sie bezahlen.«
Ich bemerkte die Blicke von Boris und Anja, die mich ansahen.
Mein Onkel sagte: »Dort gibt es keinen Schatz.«
Anja fiel ihm ins Wort. »Doch da ist ein Schatz. Ich habe ihn gesehen. Wir können das beweisen.«
Ich nahm den Anhänger aus Boris Hand. Mit ein paar geschickten Bewegungen zauberte ich daraus erneut den Schlüssel. Ich hielt ihn in die Höhe. »Dies hier ist der Schlüssel zur geheimen Tür. Anja und ich waren schon drin. Es gibt das Gold. Wir können es uns holen. Boris wäre endlich in Sicherheit. Das war es, was wir in den Nächten machen wollten.«
Mein Onkel schüttelte den Kopf. Er sah mich an. »Was soll ich jetzt machen?«
»Ich weiß nicht. Bitte erzähl Siegfried nichts davon. Besonders Herr Berkowitz darf davon nichts wissen. Ich weiß nicht, wie er reagieren würde.«
»Er wird ausflippen, wenn wir das Gold vor ihm finden. Er hat als Kind jeden Sommer danach gesucht. Ich verspreche Dir allerdings, nichts davon zu erzählen. Für Siegfried ist es besser, wenn er an den Geist glaubt. Außerdem würde es mich freuen, Wilhelm vor vollendete Tatsachen zu stellen.«
Mein Onkel lachte und klatschte seine Hand gegen die Tischplatte. »Das wird eine lustige Wanderschaft. Wenn wir das Gold finden, werde ich dafür sorgen, dass ihr ein ganz besonderes Essen bekommt.«
