Ich spielte das Spiel meines Lebens. Zugegeben: Ich war nicht gut. Zumindest war ich nicht katastrophal schlecht.
Mein Geschick verließ mich immer nur, sobald ich mich dem Ball näherte. Trotzdem gelangen mir zwei Schüsse aufs Tor. Diese waren in etwas so gefährlich wie zwei Zwergkaninchen in Gegenwart eines Löwens, jedoch war ich positiv überrascht, dass die Richtung stimmte.
Mir gelang es sogar, Jörg den Ball zu entwenden. Wie ich das anstellte, kann ich nicht mehr genau erklären. Ich rannte auf ihn zu, während er in voller Geschwindigkeit auf unser Tor eilte. Die anderen Abwehrspieler hatte er schon abgeschüttelt. Ich war der letzte Mann vor dem Torwart.
Mit voller Konzentration lief ich zu ihm, meinen Blick nicht vom Ball nehmend. Ich rechnete damit, dass er die Richtung änderte. Zumindest würde er einen kleinen Haken schlagen, was mich völlig aus dem Konzept bringen würde.
Man kann mich normalerweise leichter ausdribbeln als eine Litfaßsäule. Das hatte mir Anja jedenfalls nach unserem ersten Match gesagt.
Ich sprang auf den Ball zu und hatte ihn ganz plötzlich am Fuß.
Überrascht von meiner Tat wäre ich beinahe stehengeblieben. Julia schrie mir zu, dass ich Raum hätte.
Ich schoss den Ball eine kleine Distanz nach vorne und rannte hinter ihm her. Leider haben meine Füße nicht die gleiche Klebewirkung, wie die einiger besserer Fußballspielern, die wie man so gerne sagt, eine Einheit mit dem Ball bilden.
Ich bilde keine Einheit mit Bällen, sondern trage eher meine Abneigung gegen ihre Rundungen ins Feld.
Mir gelang es, mehrere Meter ins feindliche Spielfeld zu kommen. Ich dachte gerade darüber nach, dass sich diese Seite vom Spielfeld gar nicht so feindlich anfühlte, als ich von den Füßen gerissen wurde.
Mein Bein bekam einen Schlag. Es knickte weg. Mein Kopf knallte in den Rasen. Ich spürte die Erde in meinem Mund. Mein Bein pochte.
Eine Stimme sagte: »Bleib liegen und tu so, als täte Dir alles weh.«
Es war Anja.
Langsam drehte ich mich um. Sie stand über mir und grinste.
Julia schob sie beiseite. Sie schrie Anja an: »Das war ein ganz mieses Foul. Ich habe es genau gesehen.«
Anja schüttelte den Kopf und sagte: »Er ist einfach in mich hineingelaufen. Ich wollte das nicht.«
»Du hast ihm die Beine unter dem Körper weggezogen.«
Julia beugte sich über mich. In ihrer Stimme und ihrem Gesicht, konnte ich Besorgnis erkennen. »Hast Du Dir weh getan?«
Anja nickte mir zu. Sie wirkte dabei auf mich wie ein Wackeldackel.
Ich biss die Zähne zusammen. »Ich weiß nicht, was mit meinem Bein ist. Es tut so weh.«
Julia strich mit ihren Händen über meine Wade. »Hast du hier Schmerzen?«
Ich sah zu Anja, die erneut nickte.
»Ja, das tut weh.«
Siegfried und mein Onkel standen plötzlich neben Julia.
Mein Onkel sagte: »Was ist denn passiert?«
Julia richtete ihren Zeigefinger auf Anja. »Die hat ihn gefoult. Mitten im Lauf hat sie ihm die Füße weggezogen.«
Anja erhob die Handflächen vor sich. »Das war keine Absicht. Er ist einfach in mich hinengelaufen.«
Siegfried ging neben mir, gegenüber von Julia, in die Knie. »Hast Du Schmerzen?«
Wieder dieses Nicken von Anja. »Ja. Ich kann mein Bein nicht bewegen.«
»Vielleicht sollten wir es erst einmal kühlen. Wenn es nicht besser wird, müssen wir Dich ins Krankenhaus bringen.«
