Ich war am nächsten Morgen einer der Ersten beim Frühstück. Die Nacht über hatte ich kaum geschlafen. Vor Nervosität konnte ich kein Auge schließen. Immer wenn ich es doch machte, schreckte mich ein neuer Traum auf. In Vielen sah ich Julia, die mich im Matsch liegend gekränkt ansah. In Anderen blieb ich alleine zurück, während Boris sein Raumschiff bestieg.
Anja setzte sich als Zweite mir gegenüber an den Tisch. Sie lehnte sich zu mir hinüber. »Ich habe über den Plan nachgedacht.«
»Erzähl mir mehr.«, sagte ich und musste gähnen.
»Glaubst Du ihm?«
»Warum sollte ich ihm nicht glauben? Es klingt doch alles ganz plausibel.«
»Die Geschichte hat zu viele Löcher. Sie ist wie die Steuererklärung eines Politikers. Aus einigen Sachen wird man nicht schlau. Außerdem habe ich das Gefühl, dass er uns was verschweigt.«
Mit etwas mehr Interesse sagte ich: »Was meinst Du damit?«
»Wofür braucht er das Gold?«
»Er braucht es für sein Raumschiff. Es ist noch nicht abbezahlt. Eigentlich muss er es erst noch in Auftrag geben.«
»Der Mist mit dem Raumschiff? Du glaubst ihm auch das?«
»Seine Theorie mit dem Antrieb klang plausibel. Außerdem habe ich viele Legenden über das Philadelphia Experiment gelesen. Seine Hypothesen erklären, was damals passiert ist.«
»Mit einer Zeitmaschine kommt man doch viel leichter an Geld. Er könnte es zum Beispiel anlegen. Ein Gewinnspiel wäre auch denkbar.«
»Als Kind ist es schwer ein Konto zu eröffnen oder bei der Lotterie teilzunehmen. Bestimmt braucht er das Gold, weil es im Laufe der Zeit nicht an Wert verliert.«
Anja zog die Stirn kraus. Sie schüttelte nachdenklich den Kopf.
Dass die Anderen noch fehlten, machte mich unruhig. Ich sah mich im Raum um. Boris war kurz vor mir aufgestanden. Er hätte schon längst hier sein müssen. Daniel und Jörg waren mir die Treppen hinauf gefolgt.
Ich sah Daniel in der Tür stehen. Er unterhielt sich angeregt mit Sarah. Heiko stand etwas abseits. Seine Augen waren zusammengekniffen und sein Gesicht war rot. Er sah überhaupt nicht glücklich aus, wie er dort stand und die Arme verschränkt hielt. Ich muss zugeben, dass ihm Ärger nicht stand. Eine schlecht gelaunte Schildkröte passt nicht in mein Weltbild – sieht man einmal von den Ninja Kröten aus dem Fernsehen ab.
Boris unterhielt sich derweilen mit Hanna. Julia stand nicht weit von den Beiden entfernt und lauschte der Unterhaltung.
Anja blickte in die Richtung und verzog das Gesicht. »Sie wollen die Drei tatsächlich mit ins Bot holen. Wenn sie unbedingt Schiffbruch erleiden wollen, ist das der beste Weg.«
Herr Berkowitz betrat den Raum und löste damit die Versammlung auf. Sarah folgte Daniel an unseren Tisch, während sich Heiko, etwas verlegen, an den Tisch der Mädchen setzte. Sein Kopf hing dabei schuldbewusst nach unten.
Boris setzte sich lächelnd auf seinen Platz. »Die Mädchen machen mit.«
»Das ist ein Fehler. Sie werden uns verpetzen. Das ist so sicher, wie das Armen am Schluss jeder Gebetsrunde.«
Julia hatte ein T-Shirt mit einem übergroßen rotem Herz auf grauem Grund an. Eigentlich war dieses Teil eher etwas für jüngere Kinder. An ihr sah es jedoch wunderbar aus. Ihre schwarzen Haare hingen ihr vorne über die Schulter. Ich konnte die Spitzen ihrer Ohre sehen.
»Ich bin froh, dass Julia mitkommt.«, sagte ich.
Mit einem Seitenblick in Boris Richtung sagte Anja: »Jetzt fängt das schon wieder an. Er geht mir auf die Nerven, wenn er so ist.«
Boris lachte. Er rückte seine Brille zurecht. »Er hat sich einfach nicht unter Kontrolle.«
»Wem sagst Du das. Das war schon immer sein Problem.«
