Als ich im nächsten Augenblick an mir hinab sah, war ich nur noch halb so groß. Der Boden schien auf einmal näher gekommen zu sein. Auch die Umgebung hatte sich geändert.
Ich stand am Mittelgang eines Busses. Alles um mich herum wirkte altertümlich und unmodern. Die schreiend bunte Polsterungen der Sitze ließ mich fast augenblicklich blind werden. Auf rotem Untergrund schlängelten sich schnörkelige blaue Formen, die so aussahen, als hätten sie Benoît Mandelbrot auf einem LSD-Trip berechnet. Mir kam der Gedanke, dass der Bus ein Relikt aus den Achtzigerjahren sein musste. Seitdem war der fahrbare Untersatz nicht mehr renoviert worden. Was dagegen sprach, war die Tatsache, dass alles merkwürdig neu aussah.
Ich blickte auf die Sitzreihe vor mir und entdeckte Aschenrückstände am Aschenbecher. Durfte man in diesem Modell wirklich noch rauchen?
Als ich den Gang hinab sah, musste ich feststellen, dass mich Kindern umzingelten. Sie hatten meine Größe, manche von ihnen waren sogar ein Kopf größer, als ich.
Ein Mädchen mit gefährlich aussehender Zahnspange und braunen, zu zwei Zöpfen geflochtenen Haaren, lächelte mich an. Unwillkürlich zuckte ich zurück.
Sie sagte: »Wie gefällt es Dir?«
Nachdenklich griff ich nach meinem Bart, wie ich das in diesen Situationen gerne tue, nur um festzustellen, dass mein Kinn kahl war. Dort spross nicht ein Haar.
Meine Brille war auch nicht da. Trotzdem sah ich alles klar.
Erst jetzt begriff ich, dass Frühling mich zum Kind gemacht hatte. In meinem Kopf drehte sich Alles. Ich fiel in den Sitz.
Das Mädchen lachte schrill auf. »Du brauchst Dich nicht mehr hinzusetzen. Wir sind fast da.« »Wo fahren wir denn hin?« »Wir fahren nach Haus Friede. Weißt Du das nicht mehr?« »Gib mir bitte noch einen Tipp, wer Du bist.«
»Anja natürlich und Du bist Sebi. Kennst Du Deine beste Freundin nicht mehr? Wir sind schließlich zusammen aufgewachsen.«
Erschrocken sah ich sie an und sagte: »Du meinst, Du bist das Mädchen, welches mir jede Freizeit zur Hölle gemacht hat? Du bist das Biest, weshalb ich mit tausend Kratzern und blauen Flecken aus den Ferien kam?«
Frühling lachte herzhaft auf. Sie hatte ihre Rolle gut gewählt. Sie legte ihre Hand sanft auf meinen Arm. Dann zog sie die Hand blitzschnell wieder zurück.
Auf meiner Haut, an der Stelle an der sie mich berührt hatte, waren vier rote Kratzer zu sehen, die augenblicklich anfingen zu schmerzen.
»Aua. Du hast mich gekratzt!«
»Hör auf zu heulen und mach Dich fertig. Du darfst nicht vergessen, Deinen Koffer mitzunehmen. Ich zeig Dir gleich, welcher es ist. Wäre blöd, wenn Du die gesamte Zeit mit Deinem Teddybär Pulli durch die Gegend rennen müsstest. So erkennt sofort jeder, was für ein Idiot Du bist.«
Verlegen blickte ich auf meinen Pulli, welcher einen grinsenden Bären zeigte, der dem Leser die Botschaft: »Jesus liebt Dich mehr, als jeder Teddybär« entgegenschleuderte.
Ich versuchte, die Botschaft mit meinen Händen zu überdecken. Die meisten Jungen und Mädchen hatten den Pulli allerdings schon gesehen.
Mein Gesicht brannte und ich fing an zu schwitzen.
Anja sagte: »Du bist und bleibst ein Trottel.«
Hier hab den Text für Leute die zu faul sind zum Lesen!
