Völlig ratlos, fischte ich das Handy aus meiner Hosentasche. Das Ding wurde mir doch eigentlich gestern von der Polizei abgenommen.
Benommen und immer noch müde schaute ich auf das Display. Das hier war nicht mein Handy. Allerdings war es kein schlechter Tausch. Das Ding war definitiv neuer, als mein Modell.
Als erste Nachricht erschien: »Nachrichten: Polizei jagt Terroristen. Zwei Verdächtige wurden inhaftiert.«
Die zweite Nachricht war über einen bekannten Nachrichtendienst geschickt worden. Sie lautete: »Ich weiß, wo ihr seid.«
Jemand hatte mir vor 10 Minuten geschrieben.
Ich sprang auf und rief: »Winter? Wir haben eine Nachricht.«
Winter tauchte unvermittelt aus einer Tür im Flur auf. Sie hatte sich umgezogen und sah atemberaubend aus.
Ich reichte ihr das Handy, ohne noch etwas zu sagen.
Sie sagte: »Wer weiß, wo wir sind?«
»Den Absender kenne ich nicht. Genauso wenig kenne ich das Handy. Meins ist, seitdem es gestern konfisziert wurde, verschwunden. Dies hier habe ich noch nie gesehen.«
Winter lächelte großzügig, tätschelte mir auf den Scheitel und sagte: »Wenn Du lieb bist, darfst Du es behalten. Jetzt lass mich aber mal sehen.«
Sie wischte mit der Hand über den Touchscreen und sah mich kurz darauf fragend an. »Kennst Du das Passwort?«
Ich nahm das mobile Telefon zurück und probierte die vier üblichen Nummern. Überraschenderweise öffnete sich der Home-Screen. Ich zog die Augenbrauen nach oben und wischte nach links und nach rechts.
»Es ist tatsächlich eine genaue Spiegelung meines Smartphones. Es fehlte keine App.«
Ich öffnete ein Spiel. »Selbst die Spielstände sind aktuell, was eigentlich nur funktioniert, wenn man die Geräte über einen Computer synchronisiert.«
Winter schüttelte den Kopf. »Diejenigen, die hinter der Sache stecken, machen mir langsam Angst. Es gibt kaum Unsterbliche, die sich mit Technik auskennen. Die Meisten von ihnen verweigern sich total gegen den Müll.«
»Das erklärt dann auch die Abneigung gegen Fernsehen. Wie sagt noch der Volksmund: Weibliche Naturmächte und Technik.«
»Es bleibt trotzdem ein Rätzel, wer uns hier verfolgt.«
Ich tippte aufs Display und sagte: »Er verfolgt uns nicht – er weiß, wo wir sind.«
Winter zog ihre Augenbrauen nach oben und sagte: »Warum meinst Du, dass es ein ›Er‹ ist? Wir hatten bisher doch nur Bekanntschaft mit dieser blonden Dame gepflegt.«
»Du meinst, diejenige, die Dir so ähnlichsieht?«
»Die sieht ganz anders aus.«
Ich schüttelte den Kopf und sagte: »Der Typ im Bus sah nicht so aus wie die Dame, die uns schon mehrmals entwischt ist.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.