Sie bugsierte mich über die Türschwelle und sagte: »Wie hast Du das Paket bekommen?«
»Der Nachbarsjunge hatte es mir gegeben.«
»Dann klingel da und frag, ob ihm irgendetwas an dem Lieferanten aufgefallen ist.«
»Du meinst an dem Paket-Mann?«
»Genau den meine ich.«
Ich baute mich vor der Tür der Nachbarn auf, klingelte jedoch nicht. Den Kopf schüttelnd sagte ich: »Das bringt nichts. Der Junge ist so unterhaltsam und informativ, wie eine frisch gestrichene Wand.«
»Die Wände sagen viel über ihre Bewohner aus. Allein aus ihrer Farbe und der Tapete lässt sich einiges ableiten.«
»Du verstehst es, ein blödes Beispiel als eben dieses zu überführen. Ich meinte, dass der Kerl zu einsilbrigen Aussagen neigt.«
»Klingel einfach und lass mich mal machen.«
Schweren Herzens drückte ich den Knopf und wartete. Innerlich hoffte ich, dass keiner zu Hause war, doch tat man mir den Gefallen leider nicht. Nach zwanzig Sekunden öffnete der Junge die Tür und blickte mich, ohne eine Silbe der Begrüßung, groß an, als wäre ich gerade durch sein Badezimmerfenster geflogen.
Stockend sagte ich: »Hallo.«
Verständnislos sah er mich weiter an.
Ich sagte: »Vielleicht hast Du mitbekommen, dass gerade in meiner Wohnung eine Bombe hochgegangen ist.«
Der Junge nickte knapp und sah mich weiter an.
Winter drängelte sich an mir vorbei. Sie sagte: »Hallo. Wir wollten nur erfahren, wer Dir das Paket gegeben hat.«
Der Junge drehte sich um und rief nach seiner Mutter, deren Namen ich leider nicht hören konnte. Dann schmiss er die Tür hinter sich zu.
Das Verhalten nicht tolerierend, trommelte Winter auf die Tür ein.
Es dauerte erneut zwanzig Sekunden, bis die Tür aufging. Im Rahmen stand eine mittelalte, ziemlich große Frau, die die Haare streng nach hinten geknotet hatte. Sie sah von oben auf Winter hinunter und sagte: »Sie sind also diese viel zu laute Nachbarin. Bei dem Lärm in ihrer Wohnung kann man sich kaum ausruhen. Eigentlich hätte ich schon längst die Polizei rufen müssen.«
Winter nickte in meine Richtung und sagte: »Ich bin nur zu Besuch. Der Typ hinter mir, ist ihr vorlauter Nachbar. Ich kann mich lediglich für sein Betragen entschuldigen.«
Die große Frau streckte ihre Hand in Winter Richtung und sagte: »Wissen sie eigentlich wie viel Uhr wir haben? Es ist schon fünf Uhr und laut Hausordnung ist es nicht gestattet, nach vier Uhr noch Abrissarbeiten in seiner Wohnung durchzuführen.«
Stotternd sagte ich: »Es waren keine Abrissarbeiten. Das war eine Bombe.«
»Das ist noch viel schlimmer. Sprengstoffe sind laut Hausordnung gar nicht gestattet. Ich werde mich bei der Hausverwaltung beschweren.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.