Ich fragte Herbst, was er heute in seinem Adventskalender gehabt hatte und er sagte traurig, dass er diesmal schon wieder keinen bekommen hatte. Es würde sich ja auch nicht lohnen, da er die letzten Türchen meist nicht öffnen würde.
Seine Traurigkeit nervt mir den letzten Verstand. Zum Teil kommt er mir vor, wie IA in Puh der Bär. Was ihn so niederschmettert, kann ich nicht genau sagen. Nur der baldige Abschied ist etwas zu kurz gegriffen. Und ich traue Sachen nicht, die so klar auf der Hand liegen.
Natürlich versuchte ich ihn aufzuheitern. Ich fragte ihn, was denn so seine Lieblingsbeschäftigung wäre. Er sah mich sehr lange an.
Eigentlich hatte ich keine Antwort mehr erwartet. Seine Augen waren wässrig und trüb. Wie ein Hund, den man, sobald man mal die Zeit dafür hat, zum Tierarzt bringt, damit er seine letzte Spritze bekommen.
Natürlich sehe ich ein, dass Menschen ab und zu leiden. Wenn es sich jedoch als Dauerzustand herausstellt, suche ich normalerweise das Weite. Meist finde ich es eine Straßenkreuzung später auf der Erde liegen. Das Weite kommt in der Regel nicht sehr weit.
Fast träumerisch sagte er: “Die Herbststürme! Die hatte ich eigentlich immer sehr gern.”
Für einen Augenblick schaute ich wie Bahnhof – nur nicht so schnell und der Zug war verspätet. Dann sagte ich: “Aber um Himmels willen, hat es in der letzten Zeit nicht genug gestürmt?”
Er sagte, während sein Blick versuchte hinter mir die Tapeten zu entfernen: “Dieses Jahr haben mir meine Geschwister die guten Stürme abgenommen. Sie sagte, ich würde sie nicht brauchen und sie würden selbst gerne mal Spaß damit haben.”
Dann verstand ich und sagte: “Diese Katastrophen im Frühling, Sommer und Winter – das waren alles Deine?”
Herbst nickte und sagte: “Und eigentlich hatte ich sie drei Jahre aufgespart. Jetzt hab ich gar keine mehr.”
Mein Unterkiefer klappte nach unten. Als er mir erneut gehorchte sagte ich: “Scheiße – ich hatte die Naturgewalten eigentlich für die Zeichen der Klimaerwärmung gehalten.
Jetzt wird mir einiges klarer.”
Ich stand auf und hieb ihm meine Pranke auf den Oberarm. Ich sagte: “Da müssen wir was machen.”
Herbst fragte: “Was willst du denn machen?”
