Ich stand oben auf dem Regal und schaute mir die gegenüberliegende Wand an. In einer schwindelerregenden Höhe sah ich den kleinen Mann und eine Gestalt, die ich von meiner Position aus nicht erkennen konnte.
Der Inder klebte unter ihr und schrie nach oben.
Ich drehte mich zu Herbst um und sagte: »Da müssen wir rüber.«
Von hinten drückt Herbst neugierig gegen meinen Rücken. Mein Fuß rutschte auf dem Boden ab und ich verlor das Gleichgewicht. Verzweifelnd griff ich nach Halt, den ich nicht fand.
Mit den Armen rudernd stürzte ich ab. Mein Körper hing einen Moment in der Luft, bevor ich unten aufschlug. Mein Kopf prallte hart gegen den Boden und gab einen furchbaren Klang von sich. Ich rechnete mit Schmerzen, die allerdings ausblieben.
Langsam drehte ich mich auf den Rücken und sah Herbst 3 Meter über mir stehen. Er sah zu mir runter und sagte: »Das wollte ich jetzt nicht.«
»Nicht so schlimm, ich wollte sowieso runter.«
»Es wäre aber schneller gewesen, einfach rüber zu springen.«
Er ging kurz in die Hocke und sprang zur anderen Seite. Wie ein Superheld klebte er für ein paar Sekunden am Regal, bis er unvermittelt los lies.
Mit einem Klatschen landete er auf mir. Erneut blieben die Schmerzen aus.
Ich sagte: »Das hat wohl nicht so gut geklappt.«
»Kein Problem, ich kann es später noch einmal probieren.«
Er rappelte sich auf, bis er direkt auf meinem Bauch saß und blickte nach oben.
Ich sagte: »Könntest Du bitte aufstehen, damit wir da hochkommen?«
Herbst blickte kurz zu mir und sagte: »Ich sehe sie gar nicht mehr.«
»Wahrscheinlich haben wir nicht so viel Zeit, um ihnen zu folgen. Wir werden sie aus den Augen verlieren, wenn wir nicht schnell genug klettern.«
Herbst erhob sich und kletterte die Regale hoch. Ich folgte ihm. Als wir in der Höhe waren, in dem wir die Kontrahenten zuletzt gesehen hatten, klaffte zwischen zwei Paketen eine riesige Lücke. Ich blickte Herbst an und sagte: »Wenn wir Pech haben, sind wir ab jetzt alleine mit Uhura, die sich geschworen hat, uns zu löschen.«
Herbst wies mit dem Kopf in eine Richtung und sagte: »Wir haben noch Glück, ich seh Dinu auf der anderen Seite.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.