Wir hechteten mit großen Schritten hinter dem schwarzhaarigen Mann her, was uns allerdings schwerfiel. Dieser Typ konnte schneller laufen und springen, als ein Mensch dies eigentlich bewerkstelligte. Er erinnerte mich eher an eine Heuschrecke im Zeitraffer-Tempo.
Herbst murmelte ein paar Mal: »Das ist anatomisch völlig unmöglich.«, wobei ihm anscheinend nicht auffiel, dass wir schon eine ganze Zeit rannten, ohne dass er außer Atem war.
»Wir sind hier nicht in der realen Welt. Hier ist alles möglich. Wir müssen lernen, uns von der Normalität zu trennen. Dann könnten wir auch so schnell sein, wie der Kerl.«
»Wer weiß, ob ich das überhaupt möchte. Das sieht einfach nur krank aus.«
Plötzlich bog der alte Mann um eine Ecke und war verschwunden. Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit den Bereich erreichten, in dem er verschwunden war, gab es keine Spur mehr von ihm.
Unvermittelt blieb Herbst stehen und sagte: »Sie könnten überall sein. Vielleicht solltest Du noch einmal die Hilfe aufrufen.«
»Und damit die nette kleine Lady noch saurer werden lassen? Das ist wirklich keine gute Idee.«
»Aber es wird sie für eine Weile aufhalten.«
Schnell dachte ich darüber nach und sagte dann laut: »Hilfe«.
Es passierte absolut überhaupt gar nichts.
Erneut sagte ich, diesmal etwas lauter: »Hilfe«. Wieder blieb der erwartete Effekt aus.
Ich drehte mich zu Herbst. »Sie hat anscheinend die Hilfe-Funktion abgeklemmt.«
»Das heißt sie hat sich selbst umgeschrieben?«
»In diesem viel zu offenen System ist alles möglich. Deshalb bin ich auch kein Freund von Linux, obwohl es so viele Vorteile hat. Ich finde immer und innerhalb sehr kurzer Zeit eine Möglichkeit, das Betriebssystem unbrauchbar zu machen, nur indem ich irgend eine Kleinigkeit verbessern will. Für die Freiheit bin ich einfach nicht gemacht. Sie führt bei mir unweigerlich ins Chaos.«
»Das mit dem Chaos hat sich schon rumgesprochen.«
Ich nickte in die Richtung der Abzweigung und sagte: »Vielleicht finden wir irgendetwas, wenn wir in die Richtung rennen.«
Mit einem Nicken setzten wir uns in Bewegung.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.