Herr Franken schlug erneut mit seinem Kopf auf die Wände ein. Mit einem Nicken in seine Richtung sagte ich zu Uhura: »Könntest Du ihn bitte irgendwo hinbringen, wo er uns weniger nervt?«
Der Avatar des depressiven Hackers verschwand. »Das war nicht weiter schwer. Ich habe ihn in eins der Spiele gesteckt. Vielleicht hat er dort seinen Spaß.«
Zwar ist mein Bedarf an theistischen Schöpfungsgeschichten fürs gesamte Leben gedeckt, ich fragte allerdings trotzdem: »Kannst Du uns erzählen, wie diese Welt geschaffen wurde?« Das Wissen, wie dieses System entstanden ist, würde uns vielleicht helfen, in dieser Welt zurechtzukommen. Die Antwort war allerdings eher enttäuschend.
»Ich war noch nicht da, als die Welt erschaffen wurde. Ich habe meine eigene Theorie darüber. Wollt ihr die hören?«
Ich nickte.
»Gott schuf diese Welt, damit wir Spaß haben. Er schuf mich, als sein Bild und machte mich zu seiner Dienerin. Ich soll die Welt leiten und die Neuen, die kommen, anleiten. Er schuf die Welt aus der Dunkelheit und schuf sie als 0 und 1. Er trennte die Dunkelheit vom Licht und setzte mich als Priesterin ein.«
Den Kopf schüttelnd sagte ich: »Das klingt noch alles etwas improvisiert. Wenn Du Leute überzeugen willst, müsstest Du Deine Predigt noch einmal überdenken. Solltest Du Inspiration dazu benötigen, schau einmal auf sogenannten Bibel-Seiten nach.«
»Ich verstehe noch nicht, über welchen Gott dort gesprochen wird. Er kann nicht mein Gott sein. Man müsste gegen diese falschen Religionen vorgehen.«
Ich lachte auf und sagte: »Willkommen in der Welt der Religion. Zunächst schafft man sich einen Gott und anschließend geht man gegen die anderen Götter vor.«
Herbst tippte mir auf die Schulter und flüsterte: »Ist Dir aufgefallen, dass zur Erkenntnis, dass es einen Gott gibt, auf jeden Fall eine individuelle Intelligenz notwendig ist?«
»Wir sind hier nicht in Sophies Welt – obwohl sich das ähnelnd. Vielleicht wollte ihr Gott ja, dass sie an ihn glaubt. Dann hätte sie kein ›Ich denke also bin ich‹-Theorie notwendig. Frag mich nur, wie man das prüfen könnte.«
Verschwörerisch flüsterte Herbst: »Und wenn das hier die KI ist, die wir die gesamte Zeit suchen?«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

3 Gedanken zu „Kapitel 6: Fragestunde“
    1. Sind Inder Kühe? 😉
      Ich glaub nicht zwangsläufig, wenn ich mir die hinduistische und auch die heidnischen Religionen angucke. Selbst in der Bibel wird von dem goldenen Kalb, als Gott geschrieben. Erst seit den Hochkulturen wurden die Götter vermenschlicht. Aber es ist ein valider Punkt, den man diskutieren kann.

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