Ich fragte Herbst, ob er denn niemals Spaß hätte. Er sagte, dass er nicht der Spaßvogel seiner Familie wäre. Ganz im Gegenteil, das wäre eigentlich die Rolle seiner Schwester Frühling.
Mit einer solchen Chaotin im Schlepptau, hätte man es schließlich schwer genug. Da brauchte man nicht noch eigene Sachen anstellen.
Ich fragte ihn, ob Frühling denn wirklich ganz alleine und isoliert in der Spaßecke stehen würde und er sagte, dass man in der Familie sich umeinander sorgte.
Aber ab und zu müsste man sie einfach auflaufen lassen.
Ich fragte, was sie denn so Schlimmes gemacht hätte und er sagte: “Es gibt jetzt keine wirklich extremen Dinge, aber sie ist halt immer für einen schnellen Witz zu haben.
Vor ein paar Jahrhunderten, es können auch ein paar Jahrtausende sein, ich erinnere mich da nicht mehr ganz so genau, auf jeden Fall hat sie einen Stein beschriftet.
Heute ist der Jux alt, aber damals war es ganz heißer Shit.
Auf jeden Fall war die Schrift gerade erst erfunden worden und man bildete sich tierisch etwas darauf ein.
Sie schrieb auf den Stein die Wörter: ‘Wer das ließt ist doof’.
Die Leute waren entsetzt. Sie wussten nicht, wie die Schrift dorthin gekommen war. Nur die reichsten und schlausten Leute konnten Lesen und schreiben.
Sie waren sich allerdings nicht sicher, ob sie den Satz laut vorlesen sollten.
Ein Jahr ging vorbei und um den Stein hatte sich eine enorme Horde Menschen niedergelassen. Ein paar Philosophen schlugen sich regelmäßig die Zähne ein – damals hatten sie noch eher handfeste Argumente – weil sie verschiedener Meinung über die Entstehung der Worte und ihrer Bedeutung waren.
Frühling stachelte sie an.
Nach zwei Jahren hatte sich eine Religion um den Stein gebildet. Sie pilgerten von allen bekannten Gebieten um das Heiligtum zu sehen.
Winter und Sommer, die beiden älteren, konnten es irgendwann nicht mehr sehen.
Durch Stürme und Bltzeinschlag wurde der Stein unleserlich gemacht. Die Menschen verloren das Interesse und irgendwann wusste gar keiner mehr von dem Stein.
Ist schon lange her.
Das witzige an der Geschichte ist jedoch, dass der Stein im letzten Jahr wiedergefunden wurde. Jetzt rätseln Forscher über den Inhalt und die Bedeutung der längst vergessenen Sprache.
Frühling muss sich tierisch darüber freuen.
Wenn sie bald wieder zurück ist, musst Du sie unbedingt darauf ansprechen.”
Ich versprach ihm das zu machen.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

Ein Gedanke zu „Spaßvögel und andere Zugvögel“
  1. Ketzerischer Sebastian
    Streng genommen müsste ich Dich ja der „Heiligen Glaubenskongregation“ in Rom zu Anzeige bringen
    Neuer Nahme für altes Gewand „Inquisitation“
    Nun hab Ich für Dich ein Weihnachtsgeschenk
    Bitte erst am Heiligen Abend eröffnen
    Vorab es ist „Der Stein der Weisen“
    Und Du bist würdig
    Und natürlich alle Anderen
    Denn wo kommt Er her
    Wo lag Er einst verborgen
    Gesucht und nie gefunden
    In Mir
    Dir
    dankend
    Joachim von Herzen

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