Fassungslos sah ich Herbst an. Ich sagte: »Habe ich mit Dir schon über die deutsche Hysterie gesprochen?«
Herbst schüttelte desinteressiert den Kopf und schmatzte weiter an seinem Brot, welches er sich von zu Hause mitgekommen hatte. Es stank bestialisch nach alten Eiern.
Ich sagte: »Neben dem Leitsatz ›Viel hilft viel‹…«
Herbst fiel mir ins Wort und sagte: »Das hatten wir schon, ich kann mich gut daran erinnern.«
Ich ließ den Kopf hängen und sagte: »Das hat auch was damit zu tun, was ich schon gesagt habe. Die Deutschen sind Weltmeister der Hysterie. Wenn andere Nationalitäten nur mit der Schulter zucken, erlassen wir Gesetzte und setzen verschärfte Regeln in die Welt.«
Herbst blickte mich an, wie eine Kuh, die gerade die Schnauze voll hat. Er murmelte: »Das Fußballspiel gestern?«
Ich sagte: »Ja, das war schon wieder einer der Punkte. Wir müssen unbedingt die gesamte Welt in unserer Hysterie übertreffen.«
Herbst sagte träge: »Dafür ist auch nichts passiert.«
Ich sagte: »Tolle Einstellung. Wo nichts ist, kann auch nichts falsch laufen. Halleluja!«
Herbst kaute munter weiter. Ich konnte ihn anscheinend nicht von meiner Haltung überzeugen.
9 Gedanken zu „Kurznotiz an Herbst – Die deutsche Hysterie“
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Das ist eine interessante Sicht auf die Dinge. So habe ich noch nie drüber nachgedacht, um ehrlich zu sein. Es hängt damit zusammen, dass viele Menschen mehr auf Sicherheit als auf Freiheit bedacht sind denke. Ich für meinen Teil bevorzuge die Freiheit. Aber zu dem Fußballspiel würde ich trotzdem nicht gehen aus reinen Interessegründen.
Ach ich gehe auch nicht gerne zu Fußballspielen.
Ich hab das Gefühl dass in Deutschland das Kind gerne mit dem Bade ausgeschüttet wird. Dass war bei Kampfhunden, Bären und Schnappschildkröten in Badeseen immer das Gleiche – und das waren nur die tierischen Beispiele.
Bei Terrorismus wird dann total ausgetickt. Keine Ahnung warum wir so sehr zum Übertreiben neigen.
Ich glaube, dass das nicht nur in Deutschland so ist. Aber ich verabscheue allgemein diese ganze Sicherheitsgesellschaft, in der jeder vor jedem Angst haben muss. Wem soll ich denn da noch vertrauen? Ich bin lieber naiv als übervorsichtig (:
In England darf kein Kind mehr alleine auf den Spielplatz. Ein Elternteil muss immer dabei sein.
Wir haben es geschafft uns einen Käfig aus Angst zu bauen. Ihn zu zerbrechen wird allerdings sehr schwer.
Gegen eine Phobie hilft nur eine Therapie – wie will man eine Gesellschaft therapieren?
Muss man als Mensch nicht aus seine eigenen Erfahrungen machen und auch mal auf den Kopf fallen, um zu sehen, dass es wieder vergeht und gar nicht so schlimm ist? Ich für meine Teil würde den Leute mithilfe von Texten die Augen öffnen, aber heutzutage liest ja kaum noch jemand…
Ich glaub schon dass gelesen wird – nur leider mit ADHS. Vielleicht ein bis zwei Sätze, mehr geht von einem Text nicht. Außerdem schreiben zu viele.
Ein berühmter Autor sagte mal: „Das Lesen hört auf, wenn alle schreiben.“
Im Internet-Zeitalter macht mir die Idee fast schon Angst.
Muss mal einen Text darüber schreiben…
Zum Glück hat nicht jeder die Ausdauer zu schreiben. Und hoffen wir mal, dass es nicht zu viele Schreibwütige mit einer (sorry) Scheißmeinung gibt. Trotzdem denke ich mal sollte jemandem, dem es Spaß macht nicht das Schreiben verbieten. Ich zum Beispiel wüsste gar nicht, wodurch ich mich sonst ausdrücken sollte.
Mir geht es da ähnlich… 😉
https://campogeno.files.wordpress.com/2015/11/bombendrohung.jpg