Ich pfiff heute morgen den Song, den ich gerade noch im Radio auf dem Weg zur Arbeit gehört hatte, so wie ich es oft machte – ohne viel darüber nachzudenken.
Erst zu spät bemerkte ich, dass Herbst in die Melodie einstimmte. Ich sah ihn an und er sagte: “Imagine – den Song habe ich schon immer sehr geliebt.
Ich habe schon so viele Religionen kommen und gehen sehen. Zunächst waren da einige mit vielen Göttern – meist Muttergötter, wie Sonne, Erde und Mond. Eigentlich waren die Zeiten ganz nett, aber man einigte sich dann endlich darauf, dass ein paar Götter wesentlich übersichtlicher sind, als tausende, dann räumte man auch dort auf und zu guter Letzt hatte man nur noch einen.
Mit den vielen Göttern schien auch der Spaß zu schwinden.
Eigentlich wäre es jetzt nur konsequent genug, ganz ohne Gott und Religion auszukommen. Meinst Du nicht auch?”
Ich sagte: “Und Du meinst, das wäre dann besser?”
Herbst sah mich an und sagte: “Na die Pig-Ida Leute, meinen doch immer, dass man alles an der Religion fix machen kann. Schaff sie ab, sowohl auf der einen wie auf der andern Seite und wir hätten keine Probleme. So wie John schon sang: ‘Image no religion, it’s easy if you try.’”
”Das ist schon wieder eine Vereinfachung der gesamten Problematik. Was meinst Du, warum die Flüchtlinge nicht in Ländern bleiben, in denen ihre Religion ausgelebt werden. Einige davon durchqueren sie ja gerade und wollen dort auf keinen Fall bleiben. Lieber sterben sie bei dem Versuch dort weg zu kommen.”
Ich lehnte mich zurück und sah Herbst an. Dann sagte ich: “Folgendes Gedankenexperiment. Auf der Insel beginnt ein Völkerkrieg. Die Engländer kloppen sich mit den Schotten. Alles schon mal vorgekommen, also nicht ganz abwegig.
Jetzt machen sich Milionen Engländer mit Schlauchboten auf den Weg nach Deutschland. Sie wehen hier ihre große Rettung.
Selbst wenn diese ‘Schweinchen-Ida’ Bewegung sich auf Europa beruft, so würden sich in diesem Fall schnell andere Kundgebungen bilden. Die Menschen sind halt so. Sie wollen keine Fremden im eigenen Land.
Auf den Straßen würde man mit ‘Stolze Idioten gegen die Britanisierung des europäischen Festlands’ Fahnen durch die Häuserschluchten ziehen.
Sicherlich wären es vielleicht nicht so viele, da die Engländer ja nicht ganz so anders aussehen. Du würdest aber trotzdem merken, dass man sich hier über sie aufregt.”
Herbst nickte und sagte: “Vielleicht hast Du recht.”

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.