Der Klingelton meines Handys riss uns aus unserer Unterhaltung. Instinktiv betätigte ich den Knopf, um das Gespräch anzunehmen.
Die andere Seite schwieg. Ich hasse es immer, wenn man irgendwo anruft und dann noch nicht einmal die Höflichkeit besitzt, ›Hallo‹ zu sagen. Auf dem Display meiner Freisprechanlage konnte ich ebenfalls nicht erkennen, wer der ominöse Anrufer ist.
Sommer sagte: »Hallo Winter.«
Ich sah ihn an, als hätte er gerade ein 2.000 Jahre altes mathematisches Problem gelöst.
Auf der anderen Seite antwortete eine altbekannte, etwas blasierte Frauenstimme: »Hallo Sommer.«
Sommer sagte: »Warum rufst Du an? Willst Du Dich schon wieder über mich lustig machen?«
Winter lachte gekünstelt und sagte: »Eich lächerlich zu machen, schaffst Du sowieso sehr gut ohne mich. Ich wollte Dir nur sagen, dass Mutter sich immer noch über Dein Fehlen beim letzten Familientreffen echauffieren.«
Sommer brummte: »Es ist nicht mein Fehler, dass die alte Hexe angepisst ist. Es gibt Wichtigeres.«
Ich sagte: »Die Undankbarkeit der Kinder ist immer grenzenlos. Fast so, wie die Dummheit des Durchschnitts.«
Sommer sagte: »Misch Dich da nicht ein.«
Winter sagte: »Ein kleines Vögelchen hat mir gesungen, dass mein Bruder sich verliebt hat.«
Sommer sagte: »Das geht Dich gar nichts an.«
Winter sagte: »Du weißt ganz genau, was Mutter von solchen Verbindungen hält.«
Sommer sagte: »Seit wann bist Du so ein verdammtes Mutter-Tier?«
Winter sagte: »Ich wollte Dich nur daran erinnern. Dazu kommt ja noch, dass Du Dich im Umgang mit Menschen, insbesondere dem jeweils anderen Geschlecht, immer so unbeholfen anstellst, wie ein Einarmiger bei der eigenen Maniküre.«
Sommer drückte auf den Knopf um die Verbindung zu trennen.
Er sah lange in meine Richtung und schwieg.
Als wir in meine Straße einbogen, sagte ich: »Wenigstens Eine, die an Dich glaubt.«

Ein Gedanke zu „Winter is Calling“
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Date coaching auf transsylvanisch…?