Sommer las die Adresse laut vor. Es war nicht weit entfernt. Höchsten 20 Minuten mit dem Auto.
Sommer sagte: »Sollen wir hin?«
Ich sagte: »Ich sehe im Moment keine Alternative. Solange Du nicht weißt, ob die Damen regelmäßig ein bestimmtes Lokal frequentiert, sind wir wohl auf einen Besuch angewiesen. Vielleicht kannst Du sie dann ja in ein Café einladen.«
Sommer blickte in seine Leder-Virus-Anlage und sagte: »Im Moment habe ich nur Australische Doller. Damit kommen wir wohl nicht sehr weit. Ich muss dringend Geld wechseln.«
Ich sagte: »Vielleicht hebst Du Geld ab und kaufst Dir davon auch gleich ein neues Portemonnaie. Das Alte sieht ja widerlich aus.«
Sommer zog die Augenbrauen hoch und sagte: »Ich hab das hier schon seit Jahrzehnten.«
Ich sagte: »Ab und zu sollte man Dinge auch gehen lassen, wenn sie das so dringend wollen. Lieber ein Ende mit Schrecken, als das Leder des Schreckens. Das Ding sieht so aus, als könnte man es mit genügend Energie wiederbeleben.«
Sommer erhob sich und sagte: »Wir sollten jetzt fahren.«
Ich sagte: »Wie macht ihr das überhaupt mit dem Geld? Ich weiß, dass Winter und Herbst Jobs angetreten sind. Wie kommst Du an Dein Vermögen?«
Sommer sagte: »Über Geld spricht man nicht.«
Ich sagte: »Bisher bin ich nicht davon ausgegangen, dass Du deutsche Tugenden verinnerlichst.«
Sommer sagte: »Ich bin immer Teil des Landes, in dem ich gerade lebe.«
Ich sagte: »Dann wollen wir mal hoffen, dass Du nicht ganz plötzlich schwül warm wirst und mir das Auto verhagelst.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

4 Gedanken zu „Schwül-Warm“
  1. Liebender Sebastian
    bitte ganz ohne Leistungsdruck
    Deine heitere Leichtigkeit
    Wie Du vom Leder ziehst
    Und den Sommer regionalisierst
    Köstlich wesenshaft beseelt
    dankenswert
    Joachim von Herzen Dir

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