In dem Raum, den wir betraten, war eine Drei-Personen-Couch mit einer überproportionalen Dame bestückt. In der rechten Hand hielt sie die Fernbedienung des riesigen Fernsehers, der die halbe Wand abdeckte, in der anderen Hand hielt sie eine Chipstüte.
In einer Ecke des Zimmers stand ein Laufband, welches das Gewicht der Frau niemals aushalten würde.
Die Dame war in ein Plüschzelt gekleidet und hatte ein Schweißband auf der Stirn. Das Ding sah ziemlich speckig aus.
Ich sagte zu Frühling: »Die Nacht hätte ich mir anders vorgestellt.«
Frühling zwinkerte mir zu und sagte: »Du hast sie Dir genau so vorgestellt, sonst würde es hier nicht so stehen.« Dabei grinste sie über das gesamte Gesicht.
Ich sagte: »Dann möchte ich es umformulieren: Meine Leser haben sich die Nacht sicherlich nicht so vorgestellt.«
Frühling lachte hell und sagte: »Sie haben doch keine andere Möglichkeit, als sich Deiner Fantasie zu beugen. Schließlich hast du schon mit Tag als englischen Spießer die Richtung vorgegeben. Es war nur ein kleiner Schritt, die Nacht als den Gegenentwurf zu sehen.«
Ich sagte: »Diese Beziehung wird lange glücklich sein. Schließlich heißt es ja: ›Unterschiede ziehen sich an‹.«
Frühling lacht und sagte: »Das habe ich nie verstanden. Warum sagt man das gleichzeitig mit dem Satz: ›gleich und gleich gesellt sich gerne‹? Das sind doch zwei völlig unterschiedliche Aussagen.«
Ich sagte: »Ist wahrscheinlich so wie in der Physik. Nur magnetische Stoffe können sich gegenseitig anziehen. Haben sie jedoch die gleiche Polarität, stoßen sie sich stärker ab, als magnetische Stoffe nichtmagnetische Stoffe abstoßen.«
Frühling sagte: »Ich find den Vergleich doof.«
Ich sagte: »Wenn sich zwei Menschen sehr ähneln, dann können sie sich entweder gar nicht leiden oder schließen eine starke Freundschaft. Das hab ich schon oft genug erlebt.«
Frühling sagte: »Lass uns lieber nach dem Stein fragen. Deine Reden machen mich müde.«

4 Gedanken zu „Nacht“
Kommentare sind geschlossen.
In meinem Kopf dudeln jetzt die Ärzte „Die Nacht muss eine Frau sein“ und ich fürchte, das werde ich dank dir ein paar Tage lang nicht los werden.
Sehr sympathisch, dass Du hier die Ärzte zitierst und nicht „Atemlos durch die Nacht“. 😉
Ich hoffe Du bekommst jetzt keinen anderen Ohrwurm…
Frau Fischer hat bei mir Kopfverbot. 😉
Bei mir auch! Hoffentlich!