Mir fiel wieder ein, dass ich die Mädchen von unserem Plan unterrichten sollte. Eigentlich hätte ich mir das lieber erspart, jetzt wo ich mich frei mit Julia unterhalten konnte.
Sie sah mich an und sagte: »Warum hast Du Dich eigentlich gestern Nacht mit Boris und Anja treffen wollen?«
»Wir wollten runter in den Wald. Anja hat Dir bestimmt von dem Schatz berichtet.«
Julia sah nicht so aus, als wüsste sie, wovon ich redete.
In Kurzform erzählte ich Julia die Geschichte von dem Goldschatz der Nazis und dem geheimen Schlüssel, den wir zusammengesetzt hatten.
Als ich ihr davor erzählte, was heute Nachmittag passiert war, hing Julia an meinen Lippen. Ich genoss den Augenblick so sehr, dass ich die Geschichte ausschmückte. Meine Verletzung erklärte ich mit einer überstürzten Flucht, zu der wir gezwungen waren, weil schwarz gekleidete Anzugträger den Steinbruch betreten hatten. Durch meinen Sturz war der Abstand zwischen uns und den Verfolgern fast vollständig aufgebraucht. Wir spürten schon ihren Atem in unserem Rücken. Zum Glück trafen wir auf Herrn Berkowitz.
Julia stöhnte laut auf und nahm meine Hand in ihre. Sie streichelte über meine Wunde und sagte: »Ihr wart so mutig.«
Mir schoss das Blut in den Kopf. Hoffentlich erzählte Anja nicht, dass ich nur zu blöd war, meine eigenen Füße hoch genug zu heben.
»Boris will heute Nacht das Gold holen.«
»Was?«
»Er braucht unsere Hilfe dabei. Wir sollen ihm helfen, das Gold aus der Höhle zu holen.«
Sie schüttelte den Kopf und sagte: »Soweit ich weiß, muss man gefundenes Gold an den Staat abgeben.«
»Im Gegensatz zur Entschärfung einer Fliegerbombe auf dem eigenen Grundstück. Dafür darf man selbst bezahlen.«
Julia ließ meine Erwiderung unkommentiert. Sie interessierte sich für andere Sachen. »Was will Boris mit dem Gold?«
Die Frage brannte in meinem Magen. Ich steckte mir mein Brot in den Mund und überlegte, wie ich darauf antworten sollte.
»Er muss Schulden bezahlen.«
Um Zeit zu schinden, nahm ich noch einen tiefen Schluck von meinem Tee.
»Sein Vater hat mit seinem Einzelhandel viele Schulden gemacht. Er hat bei den falschen Leuten einen Kredit aufgenommen. Wenn sie nicht schnellstmöglich zahlen, befürchtet Boris, dass etwas Schlimmes passieren wird.
Du kannst Dich vielleicht noch an die Typen erinnern, die heute während der Bibelarbeit aufkreuzten. Das sind die Männer des Kredithais. Boris glaubt, dass sie ihn entführen wollen, damit sie seinen Vater erpressen können. Ich bin davon überzeugt, dass das die Typen sind, die heute auch im Steinbruch aufgekreuzt sind. «
Julia schluckte.
»Deshalb ist es auch ganz wichtig, Herrn Berkowitz und Siegfried nichts von unserem Plan zu erzählen. Wenn wir das Gold heute nicht bekommen, sind Leben in Gefahr.«
Ich musste innerlich über meine Gerissenheit lachen. Die Geschichte mit dem UFO hätte mir Julia sicherlich nicht so einfach geglaubt. Jetzt sah sie mich an und hatte Tränen in den Augen. Sie nickte und sagte: »Ich bin auf jeden Fall dabei.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.