Nach der Bibelstunde zeigte mir Boris strahlend die Dreiecke. Sie bildeten eine feste Einheit. Anja riss ihm den Schlüssel aus der Hand. Ihre Mundwinkel berührten fast ihr Kinn. Ihr war nicht klar, wie wir das ohne sie hinbekommen hatten. Kopfschüttelnd sagte sie, dass sie das Gebilde sofort am Stab befestigen würde. Wenn sie schnell genug war, könnten wir vielleicht schon während des Geländespieles die Tür öffnen. Anschließend ließ sie die Kette in ihrer Hosentasche verschwinden.
Boris war über ihre Idee nicht glücklich. Er meinte, dass im Moment viel zu viele Leute im Wald waren, um ungestört arbeiten zu können.
Wir waren nicht nur in der Bibelstunde abgelenkt. Wir dachten nur noch an die Nacht. Unsere Sinne waren Kompassnadeln, die auf unseren Plan ausgerichtet waren. Selbst die große Jägerin Anja war nicht scharf auf das Geländespiel, wie es normalerweise der Fall war.
Wir suchten ewig nach den versteckten Hinweisen. Auf kleinen Papierkarten waren Fragen zu biblischen Geschichten aufgeschrieben, die wir beantworten mussten. Auf der Rückseite bekamen wir dann Hinweise, wo die nächste Frage zu finden sei.
Wir drei waren eine Gruppe. Diesmal konnten der alte Berkowitz und Siegfried uns nicht trennen.
Auf dem Weg trafen wir Daniel, Julia und Hanna, die gemeinsam suchten. Daniel baute sich vor uns auf. Er flüsterte verschwörerisch: »Geht es heute Nacht los?«
Den kopfschüttelnd sagte Boris: »Wir werden es auf morgen verschieben. Da ist noch ein kleines Problem mit dem Schlüssel.«
Sarah lehnte sich über Daniels Schulter. »Können wir helfen?«
»Nein.«, sagte Anja.
»Worum geht es?«, fragte Hanna.
»Der nächste Hinweis für eure Jagd, liegt gleich dadrüber hinter dem Baum.«, sagte ich und zeigte in die Richtung, aus der wir gekommen waren.
»Du sagst Ihm jetzt aber bitte nicht, wo wir schon waren!« Sarah blickte fragend in Daniels Richtung. Der machte eine eindeutige Handbewegung, die die Richtung verriet und sagte: »Wir müssen ihnen ja nicht direkt sagen, unter welchem Stein sie zu suchen haben.« Er blinzelte dabei in Richtung Anja. Kaum hatte er das gemacht, war seine Gruppe auch schon unterwegs. Sie hatten es augenscheinlich eilig.
»Seine Charmeoffensiven sind ziemlich klebrig.«, sagte Anja.
»Nur weil sie bei Dir nicht ankommen, heißt das noch lange nicht, dass er unsympathisch ist.«, sagte ich.
Natürlich fand Anja den nächsten Hinweis. Sie tänzelte um den Stein herum, wedelte mit dem Zettel durch die Luft und schrie »Wie schreibt man Ass?«
Langsam und für alle deutlich buchstabierte ich: »A-A-S«
Sie funkelte mich böse an. Ich musste lachen.
»Was steht denn diesmal drauf?«, sagte Boris.
»Wie viele Geschwister hatte Josef?«
Ich schüttelte den Kopf. »Die Frage ist nicht zu beantworten. In der Bibel steht lediglich, dass er zwölf Brüder hatte. Nur eine Schwestern wird erwähnt, die sich stark zu anderen Frauen hingezogen fühlte. Man muss davor ausgehen, dass es noch mehr Schwestern gab.«
»Die Frauen kommen in diesem Buch nicht wirklich gut weg. Sie werden einfach ausgelassen.« Anja zeigte ihre Wut, indem sie einen Stein so hart trat, dass er erst in einem gefühlten Kilometer erneut den Boden berührte.
»Was erwartest Du von einem Buch, welches laut christlichem Glauben ein alter Mann mit grauem Bart diktiert hat. Sei froh, dass überhaupt Frauen darin auftreten.« Boris lachte.
»Ich würde es anders schreiben.«, sagte Anja, »Und vielleicht mache ich das auch mal.«
