Als ich an dem Abend ins Bett fiel, surrte mir der Kopf. Boris Ausführungen erschienen mir plausibel. Außerdem ging mir Julia nicht aus dem Sinn. Ich spürte mein Herz rasen, sobald ich an sie dachte. Daraus konnte ich mir keinen Reim machen.
Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. »Bist Du noch wach?«
Die Worte hatten mich aus dem Takt gebracht. Ich musste mich für eine Sekunde sammeln. Es war Boris, der über mir lag. Ich brummte: »Ja.«
»Hättest Du Lust, mit mir zu fliegen?«
Jede Faser meines Körpers sehnte sich danach, den Weltraum zu sehen. Allerdings hatte ich meine Zweifel an der gesamten Geschichte. Sie klang viel zu fantastisch.
»Wie kommt ein 12 Jähriger an ein Raumschiff? Das ist doch eigentlich gar nicht möglich.«
Boris schwieg eine Weile. Ich dachte schon,  dass er  eingeschlafen war, als er sagte: »Die Antwort ist kompliziert. Sagen wir, dass ich mir das Ding geborgt habe. Wobei das auch nicht ganz stimmt. Wenn man mit der Zeit spielt, kann man einiges bewerkstelligen.«
»Du hast ein Raumschiff geklaut?«
Meine Stimme war etwas zu laut. Boris machte ein ›Scht‹-Geräusch. Dann flüsterte er: »Ich werde dafür bezahlen. Genau dafür brauche ich Deine Hilfe.«
Mir wurde erneut schwindelig. »Ich soll Dir glauben, dass Du aus der Zukunft kommst?«
»Ich hatte schon gesagt, dass das fantastisch ist und Dir wahrscheinlich unmöglich erscheinen wird. Trotzdem antwortest Du nicht auf meine Frage.«
»Ja ich will. Natürlich will ich den Weltraum sehen und auf unbekannten Planeten landen. Ich möchte Außerirdische treffen und mich mit ihnen unterhalten.«
Ein leises Lachen ertönte von oben. »Wahrscheinlich werden wir uns nie mit Außerirdischen unterhalten können. Wenn man bedenkt, das die Evolution auf anderen Planeten ganz andere Wege gegangen ist, wird das Ergebnis wahrscheinlich so fremdartig sein, dass wir uns niemals verstehen könnten, selbst wenn wir es wollten.«
Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe und schaute auf das Brett über meinem Kopf. »Du meinst, es wäre so, wie in diesem Buch von Lem?«
»Solaris? Das Buch in dem ein gesamter Planet versucht, mit der Crew einer Weltraumstation zu kommunizieren, und die gesamte Mannschaft dadurch fast verrückt wird?
Eigentlich glaube ich nicht, dass ein gesamter Planet lebt. Allerdings geht der Vergleich in diese Richtung.
Was wäre, wenn Außerirdische, die Wind erzeugen, schon gelandet sind? Die Orkane und Sturmböen könnten eine Sprache sein, die wir nicht verstehen.«
Angestrengt dachte ich darüber nach. Wir könnten auf Planeten landen, auf dem jedes Einzelne unserer Worte für die Bewohner tödlich war.
Außerdem bestand die Möglichkeit, mit unseren Krankheitskeimen eine gesamte Weltbevölkerung auszurotten. Meine Augen fielen mir zu.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.