Winter ergriff meine Hand und riss mich auf die Füße. Noch während sie das tat, wechselte sich die Umgebung.
Als ich mich an das helle Licht gewöhnt hatte, erkannte ich meine Wohnung.
Winter sagte: »Ich glaub, dass Du hierhin wolltest.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich wollte nie von hier weg.«
»Jetzt beschwer Dich nicht, es wäre doch langweilig ohne mich gewesen.«
»Was spricht denn bitte gegen Langweile? Außerdem war das Ende viel zu überstürzt. Was ist denn da innerhalb weniger Augenblicke alles gleichzeitig passiert?«
»Die Dame war Ilona, die Frau, die Dracula nach mir zur Frau genommen hat. Er hat sie in einen willenlosen Zombie verwandelt, indem er ihr Herz gestohlen hatte – eine typische Situation, wie sie bei vielen Verliebten allerdings meist weniger sprichwörtlich passiert. Dadurch war sie sein gehirnloses Werkzeug.
Durch den Gegenzauber, den du trotteligerweise und ohne es zu wollen unterhalb des Tisches durchgeführt hast, gabst Du mir die Möglichkeit zu entfliehen. Deine Ablenkung durch das Entzünden des Buchs war übrigens höchst clever.«
»Er wollte mich mit dem Messer erstechen um mich als Blutopfer darzubieten.«
»Er hatte eine Schwäche für Blut. Außerdem neigte er zur Übertreibung. Sein feuriges Temperament mochte ich allerdings auch so an ihm.«
»Dann hätten wir auch dieses Geheimnis gelüftet, was euch zusammengebracht hat. Auf jeden Fall hat der Graf Feuer gefangen.«
»Welches ihn nicht umgebracht hätte. Es hat ihn lediglich geschwächt. Das Messer meiner Tante hat ihm den Rest gegeben und Ilona wurde durch ihr verbranntes Herz getötet.«
Ich schüttelte den Kopf und sagte: »Wie habe ich den Gegenzauber denn bewerkstelligt?«
»Der Wurm, den Du in das Gefäß gelegt hattest, hatte sich befreit und war vom Tisch gefallen. Du hattest noch Erde an den Händen und die magischen Flammen hatten Deine Haare versenkt. Du hattest also alle Zutaten bei Dir. Dazu kamen die merkwürdigen Töne, die Du ausgestoßen hattest. Anscheinend waren es genau diese Töne, die man für den Gegenzauber benötigte.«
»Und was wollte der Graf von Dir?«
»Es besteht ein Unterschied zwischen Deiner Unsterblichkeit bzw. der des Grafen und meiner, wie sich unschwer erkennen lässt. Meine ist etwas besser – man kann mich selbst durch die Werkzeuge meiner Tante nicht vernichten.
Mein Ex war der Idee verfallen, ebenso zu werden. Außerdem wollte er auch andere unsterblich machen können, ohne Ihnen das Herz herausreißen zu müssen. Wenn man alleine lebt, kommt man auf sehr abstruse Ideen.«
»Außerdem schien er eifersüchtig zu sein.«
»Das gehörte zu seinen schlechteren Eigenschaften.«
»Und was ist jetzt mit Kommissar Paul?«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.