Mein Vater hatte mir geraten, eine Zusatzversicherung abzuschließen, um im Krankheitsfall ein wenig vorteilhafter behandelt zu werden. Diese zusätzlichen Kosten empfand ich damals allerdings für störend. Das war der Grund, warum ich in einem Raum erwachte, der mich an die Schlafkammern in Jugendherbergen erinnerte. Zu meiner Erleichterung waren die Betten nicht übereinander montiert.
Neben mir lag ein menschenähnliches Wesen, den man vollständig verkabelt hatte. Ein Monitor machte regelmäßige Geräusche und eine Maschine bewegte einen überdimensionalen Blasebalg.
Daneben lagen noch zwei weitere Leute, die ähnlich schwere Verletzungen zu haben schienen. Als ich mich aufrichten wollte, bemerkte ich den Draht an meiner Hand, den ich mit einem kurzen Ruck entfernte. Dieses Zimmer brauchte mich wirklich nicht.
Ich hörte aus der Ecke jemanden röcheln.
Langsam ging ich um zwei Betten herum und näherte mich dem Fremden. Er war besser eingewickelt, als eine volle Toilettenpapierrolle. Aus den Laken blickten mich zwei strahlend blaue Augen an.
Die Mumie röchelte erneut und sagte anschließend: »Hallo Bob.«
Erschrocken sagte ich: »Kennen wir uns?«
»Wir sind uns mal vorgestellt worden. Ist schon eine ganze Zeit her. Es muss im alten Irish Pub gewesen sein.«
»Der ist jetzt schon länger als 10 Jahre zu.«
»Ja, ich sagte ja, dass es etwas her ist.«
Das Sprechen fiel im schwer und er schluckte.
Ich zuckte mit den Achseln und sagte: »Wärst Du mir so auf der Straße begegnet, ich hätte Dich nicht wiedererkannt.«
»Normalerweise trage ich weniger Zeug um meinen Kopf.«
»Warst Du auch am Marktplatz?«
»Noch nicht einmal besonders nah. Die Druckwelle hat mir eine Glasscheibe ins Gesicht gedrückt.«
»Das tut mir leid.«
»Was war mit Dir?«
»Ich stand direkt vor der Bombe. Mir ist allerdings nicht so viel passiert. Der Sanitäter glaubt, dass ich eine Gehirnerschütterung habe. Das klingt für mich allerdings reichlich abwegig.«
Mit einem Kopfnicken wies der Mann auf einen Becher, der neben ihm auf dem Tisch stand. Er sagte: »Kannst Du mir bitte etwas zu trinken geben?«
Ich reichte ihm das Glas und wartete, bis er einen tiefen Schluck getrunken hatte. Dann sagte ich: »Hier bekommt mal leider kein Guinness.«
Ein heiseres Lachen und er sagte: »Der Service ist aber zumindest genauso, wie man es gewohnt ist. Wenn man sich nicht selbst darum kümmert, verdurstet man.«
Die Tür zum Zimmer wurde aufgeworfen und eine Krankenschwester stand im Raum. Sie sah mich prüfend an und sagte in resolutem Ton: »Sie sollten im Bett liegen, solange wir noch nicht wissen, was sie haben.«
Der Klang ihrer Stimme ließ mich zurückgehen. Gehorsam legte ich mich auf mein Bett und die Schwester steckte das Kabel zurück in meine Hand.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.