Mir wurde etwas gespritzt und ich wurde augenblicklich müde. Ein paar Sekunden später schlief ich ein. Ich hatte einige merkwürdige Träume, in denen ich von Dach zu Dach hüpfte. Mein Freund Jochen war ebenfalls dabei. Nach drei großen Sprüngen war er plötzlich nicht mehr neben mir.
Erschreckt drehte ich mich um und sah, dass er sich an einer Regenrinne festhielt. Ich eilte zurück, um ihm zu helfen. Der Abstand zwischen uns wurde jedoch immer größer.
Er schrie um Hilfe und bettelte um sein Leben. Ich sah, wie sich die Regenrinne aus ihren Ankern löste und sich langsam nach unten bog.
In letzter Sekunde sprang ich zu ihm und griff nach seiner Hand. Sie war kalt und glitschig. Mit aller Kraft zog ich und probierte, meinen Freund zurück aufs Dach zu bekommen. In seinen Augen sah ich Panik.
Er sagte: »Es war keine gute Idee, mit Dir zu kommen.«
»Wir können uns später darüber unterhalten.«
»Du kannst mich nicht halten.«
»Warum müssen mir alle Leute erklären, was ich kann und was nicht. Anscheinend kennen mich Alle besser als ich mich selbst.«
Die Finger lösten sich aus meinen. Seine Stimme klang erstickt: »Du kannst mir nicht helfen.«
»Verflucht, zieh Dich selbst hoch. Gib jetzt nicht auf.«
Seine Hand öffnete sich und er rutschte aus meinem Griff. Es gab diese endlose Pause, in der er schwerenlos zu sein schien. Seine Augen waren aufgerissen und er sein Mund in Panik geöffnet.
Dann machte die Zeit einen Sprung und er zerschellte auf dem Bürgersteig.
So schnell ich konnte, war ich neben ihm und stützte seinen Kopf. Aus seinem Mund rann Blut und seine Augen waren glasig.
Er sagte: »Du bringst den Tod.«
»Ein wenig optimistischer könntest Du doch sein. Dein ständiger Pessimismus wirkt nicht wirklich motivierend.«
»Du bist schuld daran, dass ich tot bin.«
»Ich hatte Dich nicht gebeten, Dich an meinen Tisch zu setzen. Außerdem hab ich es satt mit den Selbstvorwürfen. Jeder Mensch ist seines Glückes Schuster und der sollte bei seinen Leitern kleben.«
Dann riss ich die Augen auf.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.