Winter plauderte unterdessen unbekümmert auf Maria ein, die kurzangebunden mit ein paar Silben antwortete.
Kommissar Paul sah dem schweigend zu und sagte in eine kurze Pause hinein: »Die Damen können sich sicherlich noch abschließend auf dem Revier unterhalten. Wir sollten uns jetzt den Tatort ansehen.« Dann zwängte er sich an mir vorbei und betrat die Wohnung.
Wie ein Bluthund zog er die Luft durch seine Nüstern und folgte dem Brandgeruch in die Küche.
Winter gab ein höhnisches Lachen von sich, drehte sich von Maria ab und stapfte hinterher. Dabei wirkte sie, als würde sie fliegen. Ich eilte den Beiden hinterher.
In der Küche schnupperte der Kommissar am zerstörten Paket und sagte: »Schwarzpulver. Nicht besonders originell, aber effektiv. Der Zünder ist etwas interessanter. Es muss etwas Lichtempfindliches gewesen sein, was sich entzündete, sobald das Paket geöffnet wurde. Keine elegante Art und sie setzt den Lieferanten einer hohen Gefahr aus.«
Maria hatte die Tür versperrt, wie ein Korken eine Schaumwein-Flasche. Sie blickte prüfend ins Innere und flüsterte zu Winter: »Er ist wirklich gut bei Ermittlungen. Ein echter Held, wenn Du verstehst, was ich meine.«
Winter nickte und wirkte leidlich interessiert. Sie sagte: »Soweit war ich auch schon. Das ist keine wirkliche Leistung. Wenn er nur am Geruch auch noch den Absender ermitteln würde, wäre ich eher beeindruckt.« Dann lachte sie hell auf.
Der Kommissar sah verärgert zu uns rüber und sagte: »Männlich, weiß, mittelalt und erheblich frustriert.«
»Immer noch nicht beeindruckt. Bomben werden statistisch von mittelalten Männern bevorzugt. Das mit der Hautfarbe ist aufgrund der Geographie ebenfalls naheliegend.«
Ich sagte: »Die Handschrift auf dem Adressenaufkleber wird ihnen vielleicht noch etwas über den Absender verraten?«
Der Kommissar zog einen Löffel aus der offenstehenden Schublade und stocherte damit in den Überbleibseln des Pappkartons. Der Aufkleber war nicht mehr zu erkennen. An seiner Stelle klaffte ein hässliches Loch.
Der Typ vor uns wischte sich über den Oberlippenbart und nuschelte: »Das werden wir im Labor rekonstruieren müssen.« Winter verdrehte nur die Augen, schwieg allerdings, was ich ihr hoch anrechnete.
Der Kleine drehte sich zu uns um und sagte: »Den Rest kann die Spurensicherung erledigen. Es wäre von Vorteil, wenn sie uns jetzt, zwecks Aussage, aufs Präsidium begleiten würden.«
Seine Worte waren als unverhohlener Befehl zu verstehen, die er mit einer Handgeste zur Tür unterstrich. Anscheinend wollte er nicht weiter hierbleiben und in den Trümmern nach Spuren suchen. Er blickte nur noch kurz auf und sagte: »Haben sie irgendetwas verändert?«
Nach kurzem Nachdenken sagte ich: »Ich habe Winter nach der Explosion noch einen Glühwein in der Mikrowelle zubereitet.«
Die Augen des Kommissars musterten mich kritisch und er legte dabei den Kopf leicht schräg. Dann schüttelte er den Kopf und richtete seine Hand erneut auf die Tür.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

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