In der Tür stand Winter und sah hochnäsig auf mich hinab. Sie sagte: »Was machst Du nur für einen Lärm zu meiner Begrüßung? Ein weniger explosiver Empfang wäre mir auch recht gewesen.«
Murmelnd und zu mir selbst sagte ich: »Irgendwer will mich umbringen.«
»Es war also nicht Dein Bohneneintopf, der mal wieder hochgegangen ist? Das überrascht mich wirklich.«
Langsam erhob ich mich und klopfte mir die Asche aus der Kleidung. An mehreren Stellen war mein Hemd verbrannt und zerrissen. Die Flammen an meiner Hose klopfte ich mit der Hand aus.
»Bisher war ich mir immer sicher, dass Du kein Gespür für Mode hast. Dieses Jahr ist es allerdings noch schlimmer geworden. Diese ›Tribute von Panem‹-Gedächtnis-Hose setzt Deinem fehlendem Geschmack noch die Krone auf.«
Langsam den Kopf schüttelnd sagte ich: »Egal wer das war, aber er hat meine gesamte Küche zerstört.«
Winter streckte den Kopf in den Raum und sagte: »Die Mikrowelle dürfte noch funktionieren. Damit gelingen Dir bestimmt endlich Deine Rezepte.«
»Ich weiß nicht, warum das so lustig ist.«
»Wenn man es mit einem Hauch von Humor nimmt, sieht die Welt schöner aus.«
»Hast Du das auf einem Lehrgang im letzten dreiviertel Jahr gelernt?«
Den Kopf schüttelnd sagte Winter: »Wir wissten beide, dass es sehr schwer werden dürfte, Dich von Deinem Leben zu trennen. Wer auch immer es versucht, ist ein totaler Stümper.«
Meine Knie waren immer noch zittrig. Die Hände waren mit Ruß bedeckt. Ich sagte: »Vielleicht dusche ich mich kurz und zeihe mir etwas anderes an.«
»Es lohnt sich nicht diese Kleidung zu waschen. Die Reste, die keine Löcher aufweisen, sind selbst als Flicken nicht mehr zu gebrauchen.«
»Ich mochte das Hemd.«
»Kauf Dir ein neues.«
Während ich mich auf den Weg zum Badezimmer machte, sagte ich: »Ich freue mich auch darüber, Dich wiederzusehen. Jetzt wo Du da bist, weiß ich wieder, was ich nicht vermisst hatte.«
Das typische spitze Lachen erklang. »Ob Du es glaubst oder nicht – ich habe mich auch schon gefreut. Es ist so schön, jemand zu besuchen, der so viel weniger wichtig ist, als man selbst. Dadurch erkennt man seinen eigenen Wert.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

6 Gedanken zu „Eine kühle Begrüßung“
    1. Hab ich leider entsorgen müssen – ich habe allerdings noch einen Laborkittel, der auf die Beschreibung passt. Den kann ich ja auf der Facebook Seite teilen… 😉

Kommentare sind geschlossen.