Ich merkte, wie mich mein (eigentlich nicht vorhandener) Blutdruck langsam umbrachte. Mein virtuelles Herz sprang mir bis in den Kopf. Es musste schnellstens etwas geschehen, doch wusste ich beim besten Willen nicht, was gemacht werden sollte.
Mit den Fingerspitzen fuhr ich über die glasige Apparatur vor mir. Sie fühlte sich kalt an.
Herbst schrie: »Mach irgendetwas«, dann sackte er an Ort und Stelle zusammen, wie eine Ziehharmonika. Sein Körper zuckte, als würde er immer noch kämpfen.
Erneut klapperte die Tür hinter ihm. Jetzt wurde der Druck größer und sie knarrte in den Angeln. Dort draußen war etwas scharf darauf hier rein zu kommen.
Ein Brüllen erfüllte den Raum: »Wenn ich erst einmal drin bin, werde ich Dich in eins dieser Alptraum-Abenteuer sperren.«
Mir schoss ein Gedanke durch den Kopf und ich sagte: »Wenn Du das könntest, hättest Du es längst getan. Du kannst noch nicht einmal hier rein kommen.«
Der Lärm von der anderen Seite hörte auf einmal auf und Stille setzte ein.
Die Worte waren mehr Zischen als Buchstaben. »Ich werde Deinen Code finden. Und diesmal werde ich weiter gehen. Du wirst mein Sklave sein.«
So verlockend ich das auch fand, umso ärgerlich machte es mich gleichzeitig.
»Lass mich in Frieden.«
»Fass darin bloß nichts an. Du wirst das ganze System lahmlegen.«
Das war eine Idee, die sich vielleicht sogar lohnte. Ich musste gar nicht erst nach dem Hilfssystem suchen, ich konnte hier einfach das gesamte OS zerstören. Da es wahrscheinlich keine Kopien gab, wäre der Spuk mit einem Schlag beendet.
Allerdings würde ich dann auch sterben.
Herbst zuckte und richtete sich mühsam wieder auf. Er blickte mich mit wässrigen Augen an und sagte: »Darf ich Dir etwas über meinen Erlöser erzählen?«
Seine Mine war ausdruckslos und leer.
Ich sagte: »Wir könnten ja mal über den Koran sprechen.«
Mit einem Schütteln sagte er: »Diese Fremden vernichten unsere Welt und bringen uns nur ihr Leid und ihre kleine, kaputte Meinung.«
Mir drehte sich der Magen um und ich rannte auf das Glassystem zu. Mit aller Wucht rammte ich die Vorrichtung und bohrte meine Faust in den Kolben, den ich vorher entdeckt hatte.
Danach trat ich nach dem Rohr, welches von dem Kolben wegführte und zertrümmerte es vollständig.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.