Jemand stöhnte in meiner Nähe. Als ich mich umdrehte, lag Herbst unweit neben mir im Gras. Seine Verkleidung ließ mich laut auflachen.
Er hatte ein graubraunes Mönchsgewand an und sah aus, als hätte man ihn als Statist im Film »Im Name der Rose« falsch eingesetzt. Seine Frisur wies auf der obersten Spitze seines Kopfes, eine kahlrasierte Stelle auf. Anstatt seiner Hornbrille balancierte er eine kleine Nickelbrille ohne Bügeln auf der Nase.
Er sagte: »Wenn ich komisch aussehen sollte, müsstest Du unbedingt sehen, wie Du aussiehst.«
Meine Blicke wanderten an meinem Körper hinab. Soweit ich das sehen konnte, hatte ich ebenfalls eine Robe an. Diese war jedoch nicht vom gleichen Stoff und stammte nicht zum gleichen Berufszweig wie der von Herbst. Die merkwürdig geformte Gitarre, die neben mir im Rasen lag, zeigte mir allerdings schnell, was ich hier zu sein hatte.
»Jetzt ehrlich? Barde? Welcher Mensch wird in ein Rollenspiel gesteckt und muss dort den Barden spielen?«
»Mönch ist ebenfalls sinnlos. Soweit ich es verstanden hatte, spielt man in den Spielen doch eher den Ritter oder den Zauberer.«
»Wir wissen nicht, ob es in diesem Spiel überhaupt Zauberer gibt. Was auch immer hier geschieht, bisher ist es noch völlig sinnfrei.«
Herbst zuckte mit den Achseln und sagte: »Was hattest Du denn erwartet?«
»Sowas, mit dem man das Netz betreten und womit man Daten abgreifen und sie verarbeiten kann. Ich hatte die Hoffnung nicht die neueste Entwicklung einer Spielekonsole in Händen zu halten.«
»Das scheint allerdings nicht viel mehr zu sein. Hast Du eine Ahnung, wie wir hier wieder rauskommen?«
»Normalerweise würde ich einfach auf den Knopf über unserem Ohr drücken, aber ich habe das schon probiert. Soweit ich das verstehe, funktioniert es nicht.«
»Dann werden wir das Spiel wohl zu Ende spielen müssen?«
»Haben wir denn die Zeit dazu?«
»Warte erst einmal ab. Vielleicht ist das Spiel nicht besonders lang.«
Ich hoffte, dass Herbst recht behielt. Wir wollten doch einen Mord in der realen Welt aufklären.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

Ein Gedanke zu „Verwirrung“
  1. Da sieh mal an. Mir wurde erst jüngst liebliche Lautenmusik zugespielt. Allerdings erst so kürzlich, dass ich noch nicht genügend üben konnte, um hier den passenden Soundtrack zu liefern. Man suche stattdessen auf YouTube Dalza und Calata alla Spagnola.

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