Als Herbst vor dem Bus stand, sagte er: »Was ist das denn für ein krankes Gefährt?«
»Ich hatte Dir doch von meinem Kleinen erzählt. Das Ding, welches man nicht als Auto bezeichnen konnte?«
Herbst nickte.
»Sommer hat ihn an der Nordsee stehen lassen. Ich weiß nicht genau, ob er immer noch da steht. Auf jeden Fall hat er mir sein altes Mobil überlassen.«
Sehr kritisch beäugte Herbst den VW-Bus von allen Seiten. Er ging einmal um das Gefährt herum und sagte dann: »Das ist das Gegenteil von Stil und Eleganz, welche ich bevorzuge. Mit dem Ding sind wir so auffällig, wie eine Hummel auf einer Frosch-Party.«
»Wir können uns auch einfach Beamen. Mittlerweile macht mir das kaum noch was aus.«
»Ich mach es nicht so gerne. Ich habe damit sehr schlechte Erfahrungen gesammelt. Sommer und Frühling, die beiden Sprunghaften, sind viel mehr für diese Art von Überraschungen zu haben.«
»Du meinst, dass es gefährlich ist?«
»Hast Du Dich schon mal in einen Tisch gebeamt? Selbst für Unsterbliche ist die Sache nicht völlig schmerzfrei.«
»Dann wird uns wohl kaum etwas anderes übrig bleiben, als den Bus zu nehmen. Es ist völlig egal, ob er Dir nicht dezent genug ist, wir brauchen einen fahrbaren Untersatz. Die Uni ist zu weit entfernt, als dass wir laufen könnten.«
Herbst nickte nachdenklich. Nach einer Weile sagte er: »Wo steht noch einmal Dein Auto?«
»Ich weiß nicht, ob es überhaupt noch steht. Auf jeden Fall passen meine Schlüssel für das Mobil.«
»Wir könnten auch auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen.«
»Vergiss es. Das letzte Mal, dass ich den Bus und die Bahn genommen habe, ist mir wieder bewusst geworden, warum ich das Auto bevorzuge. Wir sind viel schneller dort, wenn wir selbst fahren.«
Herbst zuckte mit der Schulter und ging zur Beifahrertür. Als er sie öffnete, sagte er: »Das stinkt da drin ja, wie im Ziegenstall.«
»Der Duft ist etwas süßer. Es ist eher der typische Sommerduft.«
Herbst schüttelte den Kopf und stieg ein.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

2 Gedanken zu „Der Sommer-Bus“

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