Als wir vor dem Thron standen – er erinnerte mich ein wenig an die armselige Version des Titelbildes einer bekannten Fernsehserie – wurde Sommer nervös.
Er sagte: »Normalerweise ist sie hier. Sie ist immer hier.«
Ich sagte: »Und jetzt?«
Er schrie: »Tante Tod!«
Ich sagte: »Das mit den Alliterationen hatten wir schon. Frühling war ein klarer Gegner, anscheinend siehst Du das anders.«
Sommer sagte: »Was auch immer du meinst.«
Dann schrie er erneut: »Tante Liebe!«
Aus den Augenwinkel heraus sah ich ein weißes Band in der Luft flattern. Plötzlich erschien vor uns ein wunderschönes Mädchen.
Sommer sagte: »Wo ist Tod?«
Das Mädchen lächelte und sagte: »Jetzt willst Du Deinen Fehler berichtigen? So spät willst Du Deine Tante umstimmen?«
Sommer sagte: »Es war ein Fehler. Aber könnten wir jetzt aufhören über Dummheiten zu sprechen? Wo kann ich meine Tante finden?«
Ich sagte: »Wolltest Du sie nicht sprechen, bevor wir zu Patricia und Johannes aufgebrochen waren?«
Sommer sagte: »Ich hab mich nicht getraut. Stand vor der Tür und wollte nicht klingeln..«
Ich sagte: »Verstehe ich gut. Ist schließlich schmerzhaft.«
Liebe sagte: »Sie ist schon unterwegs. Wenn Du sie stoppen willst, musst Du das selbst machen. Ich kann Dir da nicht mehr helfen.«
Ich sagte: »Jetzt ehrlich, eigentlich kannst Du Dir Zeit nehmen. Zur Not kannst Du Ihn doch wiedererwecken lassen, so wie Du das bei mir gemacht hast.«
Liebe sagte: »Dann ist es zu spät. Wenn Tod sich jemanden persönlich vornimmt, dann kann er nicht erweckt werden. Sie ist da ziemlich eigen, was das angeht.
Normalerweise übergibt sie Unwichtiges an das Schicksal, welches sich um die Dinge kümmert. Wenn doch mal ein Fehler unterläuft, ist das rückgängig zu machen.
Wenn sie es allerdings selbst macht, dann löscht sie nicht nur die Person, sondern auch sämtlich Erinnerungen an sie vollständig aus.«
Ich sagte: »Das ist dann blöd.«
Sommer sagte: »Wir sollten uns beeilen.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

2 Gedanken zu „Kapitel 7: Keiner da“

Kommentare sind geschlossen.