Sommer ging sehr langsam. Als er vorher mit Patricia gegangen war, brauchte er nur die Hälfte der Zeit.
Vor der Haustür blieb er stehen. Er wirkte unentschlossen. Dann blickte er um sich. Zunächst nach rechts, dann nach linke, dann drehte er sich einmal um die eigene Achse.
Erst nachdem er sich augenscheinlich unbeobachtet fühlte, verschwand er einfach vor der Haustür und tauchte im Inneren der Wohnung wieder auf. Der Schlüssel lag nahe der Tür. Dort hatte er ihn gestern Abend abgelegt.
Er blickte sich im Wohnzimmer um. Hier lagen Flaschen und ein überquellender Aschenbecher. Die Couch hatte ein paar Rotweinflecken abbekommen.
Im Flur hatte sich Sommer das Telefon gegriffen. Prüfend strich er über die Flecken der Couch, nur um zu sehen, ob sie trocken waren. Dann ließ er sich fallen.
Er legte das Telefon vor sich auf den Tisch und sah es unschlüssig an. Den Kopf in den Händen und die Ellbogen auf der Tischplatte, sah er das Ding vor sich an, als wolle er es hypnotisieren.
Es blitzte für einen Moment vor Entschlossenheit in seinem Augen und er griff nach dem Hörer. Kurz bevor seine Finger ihn greifen konnte, zuckte er allerdings zurück, als wäre er ein überhitztes Brennelement.
Die Minuten vergingen, ohne dass etwas passierte. Erneut griff Sommer nach dem Telefon. Diesmal gelangten seine Finger bis auf 5 cm an den Fremdkörper heran. Dann blieben sie in der Luft hängen.
Als sie gerade langsam zurückwichen, klingelte es. Sommer zuckte zusammen.
Diesmal griff er nach dem Hörer und sagte: »Hallo«
Eine vertraute, beißende Stimme sagte: »Hallo Bruderherz.«
Sommer ließ sein Gesicht in sich zusammenfallen. Er sagte: »Hallo Winter.«

2 Gedanken zu „Vor dem Telefon“
Kommentare sind geschlossen.
Oh je, was ist er doch für ein Schisser, der Sommer…
Ach ich liebe ES wenn scheinbare Gegensätze
verschmelzen
Schneeflocken im Sommer
So gefällt mir die Welt
Danke Dir Sacking Bob
Joachim
Herbstgeborener