Sommer hatte sein nettestes Lächeln ausgepackt. Meiner Meinung nach, hätte er es auch gerne verstecken können. Es lag thematisch irgendwo zwischen ›treudoof‹ und ›minderbemittelt‹. Ich wich automatisch zurück.
Die Klingel ertönte zum zweiten Mal.
Leise sagte ich: »Du hättest der Dame des Hauses gerne noch ein wenig Zeit einräumen können. Sie hatte noch nicht einmal Zeit, sich vom ersten Schellen erholen zu können.«
Sommer sagte: »Ich will nicht zögerlich wirken.«
Ich sagte: »Du wirkst eher verzweifelt.«
Die Tür öffnete sich und eine wirklich nette Frau öffnete. Ich schätzte sie auf 25 Jahre. Ohne ein paar Fragen zu stellen und ihre Antworten zu erhalten, war die Schätzung jedoch sehr grob.
Sommer sagte: »Hallo Patricia. Ich war gerade in der Nähe und da dachte ich, dass ich Dich besuchen sollte.«
Patricia lachte. Es war ein entwaffnendes Lachen, welches mich völlig für sie einnahm. Sie hatte etwas Ehrliches und Natürliches an sich, dessen Anziehungskraft man sich nur schwer entziehen konnte.
Sie sagte: »Das ist ja witzig. Wir waren doch vorgestern noch in Australien.«
Meine Stirn wurde schlagartig heiß. Ich fühlt mich so, als wäre der Siedepunkt erreicht und aus meinen Ohren würde Dampf aufsteigen.
Es gibt kaum etwas, was mir peinlich ist. Situationen wie diese hier meide ich allerdings, wie der Schiedsrichter nach drei Fehlentscheidungen, die aufgebrachte Meute meidet, die mit brennenden Fackeln vor seinem Auto wartet.
Sommer sagte: »Ja ich dachte, dass ich erscheine, bevor Du mich vergessen hast.«
Sie sagte: »Deshalb bist Du mir extra hinterhergereist?«
Sommer sagte: »Ach das – war nur ein Zufall. Ich hatte sowieso einen Besuch bei meinem Freund verabredet.«
Ein kleiner Busch im Vorgarten bot leider nur ungenügenden Schutz. Hätte ich mich mit einem Hechtsprung in Sicherheit bringen können, dann hätte ich das getan. Allerdings fand ich nichts, hinter dem ich mich verstecken konnte.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

Ein Gedanke zu „Kapitel 2: Klingeln“
  1. Liebender Alexander
    Immer dann
    Wenn jede Deckung fehlt
    Allen Schutzes bar
    Wird was zu innerst
    Offenkundig licht und wahr
    danke
    Dein Fan von Entdeckungen
    jedweder Art Joachimsherz

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