Ich sagte: »Soweit ich mich erinnern kann, habe ich Deiner Schwester schon erzählt, dass ich nie weit rumgekommen bin. Die weite Welt hatte nicht den Sog auf mich ausgeübt.«
Sommer sagte: »Krass.«
Ich sagte: »Warum meinst Du das?«
Er sagte: »Na weil man das so sagt.«
Ich sagte: »Du meinst, anstelle einfach mal ruhig zu sein?«
Er sagte: »Ja klar.«
Ich sagte: »Warum musst Du eigentlich allen Klischees entsprechen, die ich über Strandboys im Kopf habe?«
Sommer lächelte mich an und entspannte sich in seinem Stuhl. Er sackte in sich zusammen und sah vollständig entspannt aus, wie ein Schlauchboot, aus dem man die Luft entlassen hatte. Er sagte: »Entspreche ich den Klischees oder entsprechen die Klischees mir?«
Mit den Schultern zuckend sagte ich: »Eigentlich interessiert mich die Antwort gar nicht.«
Eine peinliche Pause folgt, in der ich meine Blicke auf die Spitze meiner Schuhe fokussierte. Nach drei Ewigkeiten sagte ich: »Neulich war ich auf der Bank und wartete auf einen Termin bei Jemanden, den man anscheinend gerade aus der Ausbildung entlassen hatte. Neben mir saß meine Frau und daneben eine andere Dame.
Ein Sachbearbeiter trat auf die Stuhlreihe und sagte: ›Wer von ihnen ist jetzt Frau Dingskirchen?‹
Für einen Moment wäre ich gerne aufgesprungen und hätte mit möglichst hoher Stimme: ›das bin ich‹ gesagt.«
Sommer lachte aus vollem Hals, was mich zusammenzucken ließ. Er hatte Tränen in den Augen.
Ich sagte: »So gut war das auch nicht.«
Er sagte: »Das war voll Tight!«
Meine Augen weiteten sich und ich sagte: »Was meint dieses Wort überhaupt? Warum ist etwas gut, wenn es eng ist? Was ist damit gemeint? Eine Hose ist es sicherlich nicht. Die kneifen nur, wenn sie zu eng sind. Oder meinst Du ein Auto nach dem Unfall?«
Sommer zuckte jetzt mit den Schultern und sagte: »Das sagt man so.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

10 Gedanken zu „Das sagt man so“
          1. Im Moment kann ich mich einfach nicht beschweren. Ein Blog kostet Zeit, bis er reift. Ich hätte nicht mit Follower gerechnet, bevor der Blog ein Jahr alt ist und ich eine Richtung gefunden habe.
            Was mir innerhalb von einem halben Jahr hier passiert ist, ist echt Wahnsinn. Was dann auch noch beim Mitmachblog passiert, ist noch krasser. Ich hätte nicht mit einem solchem Zuspruch gerechnet. Ehrlich nicht.
            Bei Tumblr lag mein Blog wie eine lahme Ente in einer Ecke und schlummerte dahin (bis zum mysteriösen Ende, den ich immer noch für einen komischen Scherz halte und der dazu führte, dass ich die Plattform änderte).
            Ich kann mich nur bei der Community (Sommer scheint mich schon mit seinen Anglizismen angesteckt zu haben) hier bedanken. Das ist einfach nur Super.

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