Die Früchte waren nicht größer als Blaubeeren. Frühling pflückte zwei und streckte mir eine hin.
Ich sah sie an und schüttelte den Kopf, als ich sagte: »Du wolltest schon einmal, dass ich eine davon esse.«
Sie lachte und sagte: »Diesmal ist sie viel kleiner. Dir wird schon nichts passieren. Wenn Du allerdings den Tatort sehen möchtest, dann iss die Beere.«
Misstrauisch sah ich Frühling in die Augen.
Sie drehte sich um und ging zur Couch. Schwerfällig ließ sie sich niederfallen und sah mich vom Wohnzimmer her an.
Dann legte sie die Beere auf ihre flache Hand und schleuderte sie anschließend mit viel Geschick in ihren Mund.
Langsam folgte ich ihr und setzte mich ihr gegenüber, in den Sessel.
Mittlerweile hatte sie die Augen geschlossen. Ihre Arme hingen schlaff auf der Lehne. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen.
Prüfend drehte ich die Frucht zwischen Daumen und Mittelfinger. Dann führte ich sie langsam zum Mund. Der Geruch, die diese Beere abgab, war wunderbar. Wasser strömte in meinen Mund, der sich automatisch öffnete.
Wahrscheinlich war es eine ziemlich blöde Idee, aber ich wollte einfach wissen, was passieren würde. Wenn Frühling schon sagte, dass es ihr gefallen würde, wäre es sicherlich nur mit Vorsicht zu genießen. Schließlich würde ich mich auch nicht, nur mit einem Bügelbrett bewaffnet, aus einem fliegenden Flugzeug stürzen, nur weil irgendwer sagt, dass das Spaß machen würde.
Die Frucht schmeckte süß und saftig. Ich merkte, wie der Geschmack meine Sinne benebelte. Meine Augen schlossen sich, ohne dass ich etwas dagegen machen konnte und ich richtete meinen Blick nach innen.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

5 Gedanken zu „Die rote Beere“
  1. Liebender Sebastian
    Nun mache ich mir ernsthaft Sorgen
    Das Du jetzt auch noch Drogen nimmst
    Als Familienvater und Naturwissenschaftler
    Die Hippiezeit ist doch längst vorbei
    Na ja ich werde ganz kleinlaut
    Habe seit „Matrix“ die Rote Pille genommen
    Und Du kennst mich ja
    Was aus mir geworden ist
    Gute Reise
    Bis bald
    danke
    Dir Joachimsherz

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