Aus den Augenwinkeln blickte ich auf meine Uhr. Es konnten keine 10 Minuten vergangen sein. Herbst hatte definitiv noch nicht genug Zeit gehabt, um die Wohnung zu durchsuchen.
Winter hatte meinen Blick bemerkt. Erneut dieser scharfe Blick über die Brille und gespitzte Lippen. Sie sagte: “Junger Mann, wenn ich ihnen auf die Nerven falle, warum unterhalten sie sich denn mit mir. Soweit ich weiß, haben sie mir auch noch keinen Grund für ihr Erscheinen geliefert.”
Ich sagte: “Herbst hat gesagt, dass ich sie schon einmal kennenlernen sollte, wenn sie doch in ein paar Tagen seinen Job übernehmen.”
Sie sagte: “Gut jetzt kennen sie mich. Und wenn sie das noch nicht richtig haben, dann werden sie mich in ein paar Tagen richtig kennenlernen.”
Ich sagte: “Warum nennen sie mich eigentlich Junge?”
Sie sagte: “Macht der Gewohnheit nenne ich jeden, der jünger ist als ich, Junge.”
Ich sagte: “Da es kaum jemanden gibt, der älter ist als sie, müssen sie ziemlich viele mit ‘Junge’ anreden.”
Sie sagte: “Ja ungefähr die Hälfte der Menschheit – es ist auf jeden Fall leichter, als sich Namen zu merken. Eine ganz einfache Sache.”
Winter sah nicht älter aus, als ich. Eigentlich sah sie sogar wesentlich jünger aus. Sie hatte etwas mädchenhaftes in ihrer Stimme, ihrem Gesicht und ihrem ganzen Auftreten. Eine zeitlose Schönheit. Nur die Kälte machten es schwer, sich mit ihr anzufreunden.
