Ich ging hinüber ins andere Büro. Frühling hatte sich auf den Schreibtisch gesetzt und sah auf den Monitor. Maria saß auf ihrem Stuhl. Die Beiden bemerkten gar nicht, dass ich in den Raum gekommen war.
Als ich mich räusperte, ließen sie keine Reaktion erkennen. Ich hüstelte etwas theatralisch und Frühling machte eine abfällige Handbewegung.
Ohne mich anzusehen, sagte sie: »Maria ist ein Schatz und lädt gerade alle Files auf einen USB-Stick.«
Ich sagte: »Gibt es nicht mehr Beweisstücke, als die, die hier in der Box liegen?«
Maria schüttelte sich kurz und sah mich an, während sie die Augen verengte und die Stirn in Falten legte.
Ich schloss darauf, dass sie meine Frage nicht richtig verstanden hatte und sagte: »Sind das alle Beweise?«, und hielt die Box in die Höhe.
Maria sagte: »Was willst Du denn noch für Beweise?  Wenn wir etwas nicht mehr brauchen, dann schmeißen wir es weg. In dem Fall haben wir allerdings nicht viel gefunden.«
Ich sagte: »Irgendwie habe ich mir das anders vorgestellt.«
Maria sagte: »Von welcher Dienststelle kommen sie denn? Wie wird es denn da gemacht?«
Schlagartig wurde mir wärmer. Meine Beine wären gerne weggerannt.
Frühling sagte: »Bei unserer alten Dienststelle war DER, für die Beweisstücke zuständig.« Sie deutete mit einer Kopfbewegung in meine Richtung.
Sie sagte: »Er war als Mister Eintüter bekannt. Als er im letzten Fall einen Türrahmen abmontieren lassen wollte, hat ihn der alte Chef versetzt. Offiziell ist es eine Beförderung, inoffiziell musste die Kammer ausgemistet werden. Ich soll ihn begleiten, damit er nicht so alleine ist.
Es würde mich nicht wundern, wenn in seinem Keller noch alte Kartons mit Sachen liegen, die ihn selbst belasten könnten. Bisher war der Nutzen seines Übereifers eher gering. Mir ist kein Fall bekannt, der nachträglich gelöst werden konnte.«
Maria nickte und sagte: »Das kenne ich gut. Mein Vorgänger hatte auch solche Anwandlungen. Ich trenne mich gerne. Schließlich sind wir hier nicht auf einer Müllhalde.«
Frühling blickte erneut auf den Monitor und sagte: »Soweit ich sehe, haben wir jetzt alles. Dank Dir und wir sehen uns bald.«
Maria lächelte und winkte uns hinterher.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

5 Gedanken zu „Alte Beweise“
    1. Da klebten Spuren dran. Ganz wichtige!
      Irgendwer hatte horizontale Striche hinterlassen und Zahlen daneben geschrieben. Ein komischer 8-stelliger Code, der mit zwei Punkten unterbrochen wurde. Zunächst zwei Ziffern, dann noch mal zwei und abschließend 4.
      Daneben stand ein Name.
      Das war ein klarer Hinweis! Wir konnten sogar Haare am Rahmen feststellen. Der Chef meinte, dass es für einen einfachen Hauseinbruch ein wenig zu viel Engagement war. Wir hatten so unsere Differenzen…

        1. Sorry – ich muss das mit den Jahreszeiten dringend mal auf die Kette kriegen. Sie verbreiten einfach Blödsinn über mich. Natürlich habe ich nie bei der Polizei gearbeitet. Dazu ist meine Toleranz dazu Regeln zu befolgen einfach nicht groß genug.

      1. Bitte Frühling – kannst Du es bitte lassen, in meinem Namen Lügen zu verbreiten? Es reicht schon, wenn Du mich innerhalb der Geschichte bloß stellst.
        Notiz an mich: Dringend das Passwort ändern!

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