Mit einem Ruck riss ich die Augen auf. Ich lag auf einem weichen Bett, wobei man die Ausmaße dieses Bettes kaum mit dem der letzten Liege, auf der ich genächtigt hatte, vergleichen konnte.
Dieses Federnreich war ein verdammter Öltanker im Vergleich zum fragilen Schlauchboot der vorigen Nacht.
Um mich herum türmten sich Kissen und Decken und an den vier Ecken, schraubten sich hoche Türme gegen die Decke, deren Verzierungen kleine pausbäckige Engeln beim Liebesspiel zeigten. Das alleine war schon einigermaßen geschmacklos und abstoßend. Der schwere, blickdichte Umhang tauchte das Bett in ein Zwielicht.
Wer ein Harem sein Eigen nennt, würde sich ein solches Schlaf-Ungeheuer ins Wohnzimmer stellen und es mit mindestens zehn leicht bekleideten Damen füllen. Dabei müsste er allerdings aufpassen, dass dieses Zimmer mindestens vier Meter hoch war.
Ein Harem beflügelt bestimmt die Fantasy einiger Herren, ich persönlich bin allerdings rein rational der Meinung, dass eine Frau genug Stress verursacht. Vielleicht bin ich da etwas altmodisch – aber mehr als eine Frau würden bei mir zu einem vorzeitigen Ableben z.B. aufgrund eines Herzinfarktes führen.
Ich kämpfte mich an den Rand der Matratze, die nur eine extra Anfertigung seien konnte, wobei ich mehrere dutzend Kissen und Decken beiseite schieben musste, bis ich den schweren Vorhang erreichte.
Dieser verdammte Vorhang hatte keine erkennbaren Öffnungen. Natürlich waren sie nicht in der Mitte angebracht, so dass ich am Rand immer weiter krabbeln musste.
Erneut schichtete ich Decken und Kissen um und tastete parallel dazu den Vorhang nach Öffnungen ab.
Nach zwei Durchgängen am Rand des Bettes und der Erkenntnis, dass der Vorhang vielleicht nur dazu da war, mich einzuschließen, fand ich doch noch einen Durchgang. Er war so vertrackt gut getarnt, dass ich ihn vorher nicht erkannt hatte.
Sehr vorsichtig zog ich die Enden beiseite und lugte hinaus.
Dort draußen stand dieses blonde, gemeine Wesen. Sie schien hochgradig amüsiert und blickte direkt in mein Gesicht.
Ich musste schlucken.
Sie sagte: »Das hat aber gedauert. Ich hätte Dir wohl eine Wegbeschreibung schicken sollen.«
Dann trat sie nähe an das Bett.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.