Eine Schussfolge traf mich am Kopf, in Brusthöhe und in der Leistengegend. Der letzte Schuss ließ mich sauer werden.
»Was sollte denn der Tiefschlag? In einem fairen Kampf kämpft man nur oberhalb der Gürtellinie.«
Meine Angreiferin fauchte mich an, wie ein kleines Schmusekätzchen, welches von seinem Halter vom Schoß gestoßen wurde. Sie zeigte mir die Zähne, die in dem grellen und sterilem Licht des Modehauses funkelten. Dann schoss sie erneut eine Salve auf mich ab.
»Wir könnten uns auch unterhalten, wenn Ihnen das lieber wäre. Diese Schießerei führt doch zu nichts.«
Ganz langsam ging ich auf die Frau zu.
Plötzlich huschte etwas schwarzes durch das zerstörte Schaufenster am Ende des Ganges.
Augenblicklich verdunkelte sich der Raum.
Die Sonne, die gerade noch durch die Fenster gefallen waren, schien schlagartig untergegangen zu sein. Es war, als hätte man schwere Felsen vor die Ausgänge gerollt.
Mir fröstelte erneut, jedoch diesmal nicht wegen Unbehaglichkeit, sondern wegen einer tatsächlichen Kälte, die sich im Laden ausbreitete.
Ich blickte kurz zurück und konnte gerade noch erkennen, wie sich die Kundin unter einem Berg von Büstenhalter zu verstecken versuchte.
Die Dame mit der Pistole schien endlich begriffen zu haben, dass ich nicht verletzt werden konnte. Sie schmiss die Waffe hinter sich und kam weiter auf mich zu.
Was mich allerdings mehr beunruhigte, war die Dunkelheit, die sich an der Stelle, an der ihr Begleiter den Laden betreten hatte, zu sammeln schien. Es war, als würde alle schwarze Farbe instinktiv in diese Richtung gezogen. Sie schien sich an einem Ort zu versammeln. In einem Geschäft für weibliche Abendgarderobe wäre der Effekt sicherlich noch beeindruckender gewesen. Allerdings schien es auch hier genug schwarze Kleidung zu geben.
Die Neonröhren in dem Teil des Geschäftes verblassten einfach. Sie flackerten nicht, wie normal, sonder verloren einfach ihr Licht.
Mir kam der Gedanke, dass dieser Effekt wahrscheinlich auch in der Nähe eines schwarzen Loches zu beobachten ist.
Aus der Herrenabteilung im Obergeschoss erklang ein Schrei. Ich erkannte Winters Stimme, konnte jedoch erst beim zweiten Mal hören, was sie rief.
»Komm hier herauf. Wir müssen hier raus!«
Nach oben zu flüchten schien mir keine intelligente Idee. Wenn Winter sie jedoch vorschlug, würde sie schon wissen, was wir machen konnten.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.