Kaum waren wir aus dem Raum, sagte Winter: »Zum Glück hast Du die ›nicht zurechnungsfähig‹-Karte ausgespielt. Ich hatte schon Angst, dass Du ihn neugierig machst. Es wäre dumm, wenn sich dieser Trottel in unsere Ermittlungen einmischt.«
»Was meinst Du mit der Karte?«
Winter lachte spitz auf und sagte: »Schon gut. Du bist einfach unschlagbar.«
Nickend sagte ich: »Schön dass ich Dich amüsiere. Ich komme schon alleine klar. Du bist ja immer überall gleichzeitig, allerdings meist nie dort, wo man Dich braucht.«
»Das sagt derjenige, der gestern einfach spurlos verschwunden ist. Ich hätte Dich gebraucht.«
»Darf ich das zitieren? Winter brauchte mich.«
Maria baute sich vor uns auf und sah uns prüfend an, als wären wir eine unbeugsame und völlig unsportliche Schulklasse und sie die Sportlehrerin. Diesen Blick kannte ich. Kurz nach diesem Gesichtsausdruck erhielt ich im Unterricht meistens Anweisungen, der Art: »Wenn Du über den Bock springst, bekommst Du eine Eins!«, die ich nie erfüllen konnte. Meine Versuche beschränkten sich meistens darauf, im vollen Lauf das Sprungbrett zu verfehlen und dann frontal gegen den Bock zu donnern. Der Erfolg damals war: eine Stunden Sport-frei, die ich mit Kühlen meiner Weichteile verbrachte.
Sie schürzte die Lippen (was auch immer das sein soll) und sagte: »Ihr habt den Kommissar ganz schön verärgert.«
Winter lachte hell auf und sagte: »Dafür sind wir da. Er hat allerdings auch selten blöde Fragen gestellt und war nicht unbedingt geschickt bei der Wahl seiner Worte. Bob hat ihn darauf hingewiesen, indem er die Fragen mit genauso blöden Antworten quittierte.«
Maria schüttelte den Kopf. »Das war nicht gut. Ihr dürft in der nächsten Zeit die Stadt nicht verlassen.«
Mit einem Kopfnicken in Richtung Winter sagte ich: »Kein Problem. Ich würde mich sowieso gerne zu Hause ausruhen, wenn man mich lassen würde. Winter ist allerdings auf Streit aus und ich kann nicht für sie sprechen.«
»Der Knilch kann mir gar nichts sagen. Vom niederen Fußvolk nehme ich keine Befehle an.«
Maria sagte: »Das wäre allerdings besser für alle Beteiligten. Herr Paul hat die Innere informiert. Er ist fest davon überzeugt, dass Du die Bombe gelegt hast. Ihm fehlen bisher nur die Beweise.«
»Ist es schlau, einer Verdächtigen zu sagen, dass sie genau das ist?«, sagte ich.
»Es ist nur eine Warnung. Macht einfach keinen Blödsinn.«
Sie drehte sich um und ging in ihr Büro. Winter winkte mir und wir verließen die Wache. Die Besuche hier schienen sich seit dem letzten Frühling zu meinen Ungunsten zu häufen.

4 Gedanken zu „Kapitel 3: Bleibt hier“
Kommentare sind geschlossen.
Ich bin auch mal gegen so ein Gerät gerannt. Aber die Lehrerin war OK. Hat mit den Engagierten geturnt und allen, die sie dabei in Ruhe gelassen haben, ne Drei gegeben. Der Beginn einer wunderbaren Drogenkarriere hinter der Sporthalle…
Ich hab das mit den Lippen vor Ewigkeiten gegoogelt, war immer verwirrt: Lippen schürzen ist das Duckface (im wahrsten Sinne des Wortes) der Bücher, oder einfach ein überlegender Schmollmund – gibt es das überhaupt 🙂
Zum Trost – mich hats mal während dem Lauf zum Bock hingelegt – war überhaupt nicht peinlich …
Na ja – ich wollte ja genau darauf hinaus, dass man das Schürzen viel zu oft liest, aber keiner googled. Da bist Du wohl fleißiger als andere. 😉
Der Sport und ich sind mittlerweile stark verfeindet und werden wohl auch nicht mehr zusammenfinden. Es ist zwischen uns einfach zu viel passiert, als dass ich ihm noch eine Chance geben will. Dazu beigetragen hat vielleicht auch der Unterricht – den ich des Öfteren auf der Bank verbrachte (mein Lehrer war der Meinung, dass einige Übungen viel zu gefährlich für mich wären…)
Bestes Kommentar ever!!! Das mit Dir und dem Sport 🙂