Herbst hatte mir gerade erzählt, dass ihm seine Stürme fehlten. Ich war drauf und dran, das Land aufzureißen um die Dinger zurück zu bekommen.
Ich sagte ihm: “Wann hat man Dir denn die Stürme geklaut?”
Herbst Hände zitterten. Er zuckte zusammen, als hätte ihn eine Biene in den Hals gestochen. Sein Kopf pendelte von einer Seite auf die anderen. Seine Stimme war leise als er sagte: “Das ist schon eine ganze Weile her.”
Jetzt wollte ich auf jeden Fall alles hören. Ich sagte: “Sag mir genau wann das passiert ist.”
Ich konnte ihn kaum verstehen und rückte näher an ihn heran. Es war nur eine ganz dünne Stimme die sagte: “Das war im Dezember 2006.
Damals war ich unterwegs und hab mich umgesehen. Ich konnte ja nicht ahnen, dass einer meiner Brüder oder Schwestern bei mir einbrechen würde um mir meine Lieblinge zu klauen.”
Es ging nicht an, dass er sich weiter in sich verkroch. Jedenfalls nicht, wenn ich kein Richtmikrofon in Händen hielt. Da ich so etwas auf der Arbeit allerdings meist nicht mit hatte, musste ich Herbst dazu bekommen lauter zu sprechen.
Die Taktik war recht simpel. Ich wurde selbst etwas lauter und versuchte das Thema zu wechseln, als ich sagte: “Was waren das denn für Lieblinge? Beschreibe sie mir doch.”
Herbst erhob sein Haupt und sagte: “Ich liebte sie alle. Sie glänzten und waren so super mächtig. Wenn man es geschickt anstellt, kann man ganz tolle Sachen mit Stürmen machen.
Natürlich geht es mir hier nicht um ‘Drachensteigenlassen’ oder ähnlichem Kinderkram.
Mein ganzer Stolz war ein junger Sturm – sehr aufbrausend und laut. Keiner von den kleinen Winzlingen, sondern ein handfester Orkan.
Du kennst ihn vielleicht unter dem Namen Kyrill.”
Ich sagte: “Scheiße ja. Das war kein lauhes Lüftchen. Hat einigen Schaden hinterlassen.”
Herbst sagte: “Man hat ihn auch völlig falsch genutzt. Hätte ich ihn zu meiner Zeit losgelassen, hätte er sicherlich drei mal länger gedauert.”
Diese Freude konnte ich nicht teilen.

3 Gedanken zu „Länger ist nicht immer besser“
Kommentare sind geschlossen.
Ich bin wirklich beeindruckt. Dein Schreibstil, etwas wie eine Jahreszeit derart persönlich darzustellen, ist eine Kunst. Hut ab!
Dank Dir für die Blumen. Ich probiere besser zu werden – freu Dich mal auf Wintern, die ist ein echtes Biest! Die geht mir voll auf die Nerven.
Ich bin gespannt!
Wundert mich aber nicht, so kalt wie der Winter ist, schlägt das bestimmt auch auf die Persönlichkeit. 😀