Herbst sagte, dass wir uns irgendwie komisch verhalten würden, wenn wir mit Fremden sprächen. Ich sagte ihm, dass das ganz individuell und instinktiv passiere und definitiv dämlich sei.
Er lachte. Bisher hatte er beobachtet, wie flüssig sprechende Menschen sofort zu grenzdebilen Sprach-Legastheniker verkamen. Die meisten zeigten nicht viel mehr Talent in ihrer Muttersprache, als ein Salat zum Spazieren-gehen.
Ich musste ihm zustimmen. Es gibt da die unterschiedlichsten Formen, die ich auch an mir selbst feststellen kann. Der erste und meiner Meinung nach noch verzeihliche Modus, ist das einbauen von Fehlern, in die Sätze, um sich dem Fremden anzunähern.
Es kommt dann zu Dialogen wie folgt:
‘Wo Aldi?’ ‘Da Aldi’ ‘Weit?’ ‘Gleich da. Baum – da hinter!’ ‘Dank.’ ‘Bitt’.
Vielleicht würde es dem Gegenüber ja helfen wenn man sich in ganzen Sätzen ausdrückt, aber man kann es einfach nicht.
Der zweite Modus, der schon weniger zu verzeihen ist, ist das falsch und langsam sprechen. Der Mensch auf der anderen Seite muss einen für einen entflohenen Idioten halten, wenn er uns – mit weit aufgerissenen Augen und Mündern, wild gestikulierend – vor sich stehen sieht.
Das kann nur noch getoppt werden, durch zeitgleiches extra lautes Reden.
Ich sagte Herbst, dass ich schon oft lachen musste, wenn ich einen Landsmann vor einem Fremden stehen sah, der extra laut, falsch und langsam sprach.
Herbst sagte: “Ihr seid schon komisch, ihr Menschen.”
Ich sagte: “W-I-R    M-E-N-S-C-H    WAS     D-U?”
Herbst lachte.

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.