Das Telefon schellte und ich war schneller am Telefon als Sommer. Auf der anderen Seite hörte ich eine fröhlich, aufgedrehte Stimme sage: »Spreche ich mit dem Jenseits? Ich hätte ein paar Fragen zum Leben nach dem Tod.«
Ich sagte: »Hallo Frühling. Soweit ich das beurteilen kann, gibt es kein Leben nach dem Tod. Jedenfalls habe ich keins gesehen.«
Frühling lachte ausgelassen.
Sommer zog fragend die Achseln hoch und sagte: »Was will sie?«
Frühling hatte seine Frage gehört und sagte: »Ich wollte eigentlich nur hören, wie es Dir geht. Außerdem wollte ich Sommer sagen, dass Tante Liebe gar nicht nett auf ihn zu sprechen ist.«
Ich sagte: »Eure Tante ist die Liebe?«
Frühling sagte: »Eigentlich nicht. Sie gehört zu den Ewigen und ist sowas wie unsere Uroma. Sie mag es jedoch nicht, wenn man sie so anspricht.«
Ich sagte: »Was hat denn Sommer angestellt?«
Frühling sagte: »Er hat Tod den Auftrag erteilt, einen Menschen aus dem Weg zu räumen.«
Sommer schaute mich immer noch erwartungsvoll an und wartete. Auf meiner Stirn tanzten Falten.
Frühling sagte: »Liebe sagt, er soll Tod den Mord ausreden.«
Ich sagte: »Ich werde es ihm ausrichten.«
Ohne sich zu verabschieden, wie es bei ihr üblich ist, war Frühling aus der Leitung geflogen.
Ich sagte: »Bei Deinem Bericht, hast Du ein entscheidendes Detail vergessen. Wann wolltest Du mir sagen, dass Tod Johannes Leben verkürzen soll?«
Die Farbe wich aus Sommers Gesicht. Seine Stimme war leise und brüchig, als er sagte: »Das war doch nur Spaß.«
Ich sagte: »Frühling hat das anders verstanden. Du sollst Tod die Sache ausreden. Soweit ich Johannes kennengelernt habe, ist er auch viel zu sympathisch, um zu sterben.«
Sommer sagte: »Du bist noch sympathischer und bist auch gestorben.«
Ich sagte: »Und weil ich so sympathisch bin, habt ihr mich zurückgeholt.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

4 Gedanken zu „Zu nett zum Sterben“
  1. Liebender Sebastian
    Was ich schon immer ahnte
    Seit wir uns hier kennen
    Du bist ein Wiedergeborener
    Hattest eine Nahtoderfahrung
    Gibs zu denn jeder Autor
    Auch obskurer Fantasieromane
    Sagt nur immerda etwas über sich
    Und Seine Weltsicht aus…
    lachend
    Dir Joaqim von der Schippe gesprungen

    1. Hallo Hans Joachim,
      Eine oder mehrere Wiedergeburt hatte ich bestimmt, denn jeder Mensch hat ein Recht darauf, sich neu zu erfinden. Ich könnte es sogar auf ein bestimmtes Jahr terminieren. Vielleicht sogar auf mehrere unterschiedliche, zu verschiedenen Geburten.
      Eine Nahe-Tod Erfahrung blieb mir bisher jedoch erspart.
      Das Tierchen, welches mir von der Schulter lugt, flüsterte mir lediglich einst zu, dass das Verscheiden des Ich-Erzählers unsagbar selten literarisch vollzogen wird. Ich fragte es darum, warum so etwas nicht gemacht wird und es antwortete mir, dass eine solche Handlung doch vollständig dumm wäre.
      Da ich vollständig dumme Sachen mag, Regeln gerne breche und es einfach mal probieren wollte, tat ich es.
      Sehr viele Leser scheint es nicht gekostet zu haben.
      Gruß,
      Sebastian

      1. Nur die todesmutig
        Lebendigen
        Sind Deine treue Leserschaft
        Anarchisten Dadaisten und Kabarettisten
        Revolutionäre und Fantasten
        Hier fühlen sich alle Erdnnüsse und
        Chipsmampfend
        Auf dem Sofa zu Hause
        Liebender Alexander
        Grüße Dein Tierchen von mir
        Dir Liebender allzeit hier
        lacht Joaqim

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