Nach dem dunklen Flur betrat Sommer das riesige Wohnzimmer. Er kannte diesen Effekt von der Wohnung seines Vaters.
Dieser riesige Saal würde einen begeisterten Fantasy-Leser an die Hallen des Bergkönigs und dem dazugehörigen Lied erinnern.
Düstere Säulen standen zu beiden Seiten des schier unendlich wirkenden Hallenbaus. Fackeln setzten die Szenerie in flackerndes Halblicht. Jeder Schritt von Sommer verwandelte sich in ein Staccato überlagernder Echos. Die Luft fühlte sich schwül und schwer an. Sommer Kleidung klebte an ihm.
In der Ferne sah er den schweren Thron, aus tausend nackten und durchrosteten Eisenstangen geformt, schwer wie die Trümmer eines Armee-Luftfrachters. Auf ihm saß eine zierlich wirkende Gestalt und betrachtete Sommer durch zusammen gekniffenen Augen.
Ein Lächeln huschte über Sommer gesicht, als er die Gestalt bemerkte, die neben dem Thron stand. Die Frau war in weiß gekleidet und hatte rotblonde Locken, die ihr ins Gesicht fielen. Dann schüttelte Sommer seinen Kopf.
Mittlerweile war er am Thron angekommen und sagte »Hallo«.
Die Frau, die auf dem Thron saß, ganz in Schwarz gekleidet, mit dunkelroten Haaren, die streng nach hinten geflochten waren und die so aussah, als wäre ein Lächeln von ihr etwas besonders wertvolles, sagte: »Hallo Sommer.«
Der Angesprochene verneigte sich vor der Dame.
Tod sagte: »Willst Du Dein Tantchen Liebe nicht auch begrüßen?«
Kurz angebunden verneigte sich Sommer ebenfalls vor ihr und sagte: »Hallo.«
Tod, die Dame in Schwarz sagte: »Nenne Dein Begehr. Warum suchst Du unsere Gegenwart?«
Sommer sagte: »Ich dachte, Frühling hätte schon mit Dir gesprochen, Tante?«
Tod schüttelte den Kopf und sagte: »Mit mir hat niemand gesprochen, obwohl ich gerne von Frühling aufgeheitert worden wäre. Bestell ihr einen schönen Gruß und sag ihr, sie soll sich mal melden.
Worum geht es denn?«
Sommer schluckte, sah Liebe an und sagte: »Das müsstest Du doch wissen. Du hast mir das ja alles eingebrockt.«

Von SackingBob74

1974 in Dorsten geboren, entdeckte man früh das fehlende sportliche Talent des Autors. Über Jahre erlernte er mühsam das Lesen und Schreiben, wobei er mit dem Letzteren immer seine Probleme hatte. Die Lehrer bescheinigten ihm ein hohes Maß an Fantasie und Flexibilität in der Rechtschreibung. Aus den oberen Gründen stand ihm lediglich der Zweig der Naturwissenschaften offen. Sein Werdegang wurde 2008 an Halloween mit einer Promotion in Chemie belohnt. Sein erstes Buch »Niedermolekulare Co-Kristallisation« erwies sich als Ladenhüter (Essener Uni-Bibliothek, wird wahrscheinlich z.Z. im unzugänglichen Keller aufbewahrt). Um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, beschloss der Autor, das Genre zu wechseln. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in seinem Blog >SackingBob74.de< Geschichten über sich und die personalisierten Jahreszeiten. Er lebt mit seiner Familie in Gladbeck.

Ein Gedanke zu „Im Wohnzimmer“

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