Nach dem ersten Schock brauchte ich viel Zeit, um zu realisieren, was die Dame vor mir trug. Sie hatte ein durchsichtiges, hellrosa Nachthemd aus einem Material an, aus dem meine Oma ihre Gardinen bevorzugte. Darunter trug sie – ich weißt nicht genau, wie die Damenwelt sowas nennt – an der Stelle brauchte ich dringend Google – heißt es Negligee, Korsett oder Strapse?
Bei Männern ist das alles einfacher. Da gibt es nur Boxershorts. Was anderes trage ich sowieso nicht.
Auf jeden Fall, war dies ein Moment, in dem ich am liebsten schreiend weggelaufen wäre. Sie wirkte in dem Stoff so wahnsinnig deplatziert, dass es schon fast lächerlich wirkte.
Dazu traf mich ein Blick, der scheinbar wildes Verlangen in mir auslösen sollte, bei meine Abneigung gegen herrsch- und rachsüchtige Blondinen mit einem egomanischen Komplex jedoch nicht gewinnen konnte.
Sie sagte: »Hallo Süßer. Hast Du Lust auf ein Spiel?«
Ich sagte: »Hast Du ein Gesellschaftsspiel dabei? Du musst allerdings wissen, dass ich Mensch-Ärgere-Dich-Nicht und Kartenspielen verabscheue. Wenn Du allerdings Set dabei hast, könnten wir eine Runde spielen.«
Ihr Verführerblick trübte sich ein wenig unter den Falten, die ihre Stirn für einen Agenblick zierten. Dann sagte sie: »Ich meinte andere Spiele. Wie wäre es mit Rollenspielen?«
»Für Rollspiele brauchen wir die richtigen Würfel und die hab ich unter den Kissen hier drin nicht gefunden. Außerdem bin ich nicht vorbereitet. Man sollte zunächst einen Charakter entwickeln.«
»Für meine Rollenspiele braucht man keine Würfel.«
Dabei lächelte sie charmant, was auf mich genauso freundlich wirkte, wie das breite Lächeln einer Großwildkatze kurz vor dem Sprung.
Sie trat näher an das Bett und ich wich zurück. Das hätte ich nicht machen sollen, da ich ihr jetzt Raum bot.
Ich sagte: »Du überschreitest gerade meine Komfort-Zone. Es sollte immer eine Armlänge Platz bleiben.«
Mit einem Lächeln und einer lässigen Handbewegung wischte sie meine Worte aus der Luft. Ich krabbelte tiefer in das Bett und sie zog die Vorhänge beiseite.
Der einzige Fluchtpunkt, den ich noch hatte, war durch die Frau blockiert.

3 Gedanken zu „Vielleicht Vergeblich Verführt?“
Kommentare sind geschlossen.
Kann es sein, dass du Angst hast? 😅
Klar! Wer weiß schon ob meine Frau mitliest. 😉
Hihihi… 😉