Frühling sagte: »Wenn Du mit den Alliterationen weitermachen möchtest, würde ich den Räuber Roland Richter nennen.«
Ich sagte: »Damit kann ich leben.«
Der Direktor sah mich prüfend an und sagte: »Es ist übrigens keine gute Schreibkunst, sich Namen für Figuren erst während des Schreibens auszudenken.«
Ich sagte: »Normalerweise plane ich die Geschichten im Voraus und erarbeite Charakterbögen, auf denen ich Eigenheiten der Figuren festhalte. Jede Person hat dann ihr eigenes Vorleben und die Namen stehen fest.«
Frühling sagte: »Die Namen Deiner Nebencharaktere sind ebenfalls reichlich einfallslos. Ist Dir aufgefallen, dass man aus den Vor- und Nachnamen der Typen dieser Geschichte, den Namen ›Christoph Maria Herbst‹ legen kann?«
Ich sagte: »Was willst Du denn? Ist doch einer der besten deutschen Schauspieler zur Zeit.«
Frühling sagte: »Ich bin schon froh, dass Du mich nicht Till genannt und dem Gefängniswärter hinter dem Tisch den Nachnamen ›Schweiger‹ verpasst hast.«
Der tibetanische Mönch warf die Stirn in Falten und sagte: »Können wir uns jetzt vielleicht wieder um die Geschichte kümmern und nicht über mich sprechen, als wäre ich nicht anwesend? Außerdem geht es mir auf die Nerven, dass man mich tibetanischer Mönch nennt. Wie wäre es mit Direktor Meyer?«
Ich sagte: »Ab jetzt gelobe ich Besserung. Auch ist es ein prima Einfall, endlich wieder zur Geschichte zurückzukommen. Frühling schafft es immer wieder, mich von der eigentlichen Handlung abzulenken.« Mein Lächeln war vielleicht eine Spur zu schief. Ich fühlte mich, als wäre mir ein Kleinwagen über den Fuß gefahren oder als hätte mich mein Lehrer beim Abschreiben erwischt.
Frühling sagte: »Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich die Geschichte weder für besonders innovativ noch für besonders spannend halte.«
Mein Kopf sank auf die Brust. Leise sagte ich: »Auch hier gelobe ich Besserung. Lass uns abwarten, was der Direktor zu sagen hat.«

4 Gedanken zu „Einfallslose Handlung“
Kommentare sind geschlossen.
Lass dich nicht ins Bockshorn jagen von Frühling!
Ach ja, sie versucht es immer wieder. Auf der anderen Seite ist es nur ehrlich: Ich hatte wirklich nicht bemerkt, dass meinen Opfern Namen fehlten. Dummer Fehler, der mir nicht passiert, wenn ich ordentlich plane.
OK. Wenn sie dir damit hilft, dann will ich nichts sagen. ..ooO(Ist das jetzt Masochismus???)
Ne ich mag es ja, wenn ich mich selbst bestrafe. Das ist Sadismus für Fortgeschrittene mit Multipler-Persönlichkeits-Störung.
Das Buch „Set this House in Order“ bzw. „Ich und die Anderen“ war übrigens ganz gut. Im Moment höre ich „Infinite Jest“, was mich in den Wahnsinn treibt. Tolles Buch, aber ich hätte es gerne als deutsches Hörbuch. Die 55h englische Version ist dann doch so etwas wie Masochismus.