Unvermittelt sah ich Herbst vor mir stehen. Er lehnte an einem Türrahmen und sah von dort aus in eine Wohnung hinein.
Drinnen waren ein paar Uniformierte, soweit ich das von meiner Position hinter Herbst sehen konnte, die sich wie Ameisen in ihrem Bau benahmen.
Die Tür, vor der Herbst stand, war von außen aufgebrochen worden. Es waren Spuren zu erkennen, die auf grobe Gewalt schließen ließen. Eine halbierte Kette schaukelte von einer Seite in mein Blickfeld. Das waren die Bilder, die ich schon kannte.
Herbst beugte sich zur Kette, um das Schloss zu inspizieren.
Frühlings Stimme, die hinter mir erklang, überraschte mich so sehr, dass ich zusammenfuhr. Sie sagte: »Das wird bestimmt witzig. Wenn wir genügend Chaos veranstalten, wird Herbst stark an sich und seinen Träumen zweifeln.«
Ich sagte: »Dazu sind wir nicht hier. Ich will die Wohnung sehen.«
Frühling huschte an mir vorbei und baute sich vor Herbst auf. Sie bewegte ihre Arme und Beine wie die eines Hampelmanns auf und ab und machte dabei merkwürdige Fratzen.
Ich sagte: »Lass das. Es trifft ihn bestimmt schon schwer genug, dass er im Moment von Dir träumen muss.«
Frühling sagte: »Vielleicht kann ich ihn so sehr erschrecken, dass er ins Bett pinkelt.«
Ich sagte: »Dazu sind wir nicht hier.«
Sie sagte: »Das wäre aber ein riesen Spaß. Ich könnte es doch wenigstens probieren?«
Ich schob mich an Herbst vorbei und durchsuchte selbst die Wohnung.
Ein Gestank lag in der Luft, der mir fast die Sinne raubte. Eigentlich hätte ich darauf gefasst seien müssen. Schließlich hatte ich die Fotos gesehen. Dass es allerdings so sehr stank, damit konnte man einfach nicht rechnen.
Frühling sah mich an und sagte: »Stell Dich nicht so an. So riecht ihr nun mal.«
Ich sagte: »Aber erst, wenn wir ein paar Wochen das Zeitliche gesegnet haben.«
Frühling sagte: »Eigentlich vorher auch nicht viel besser.«

8 Gedanken zu „An der Haustür“
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Liebender Sebastian
Ich arbeitete zuletzt im Zivieldienst im Leichenabholdienst des Schwabinger
Krankenhauses unterirdische Gänge führten alle zur Pathologie
Und in der Kühlkammer eben genau dieser Geruch…
Daher und aus weiteren Gründen habe Ich verfügt Meinen Leichnam dereinst im Feuer
unriechbar werden zu lassen
So als Ästhet eben
danke
Dir Joachim von Herzen
Ach ja ist Dir nicht unlängst ein Hund zugelaufen
lacht oder mag Frühling keine Tiere
Würde Mich wundern
Bei der Brünstigkeit im Garten
Hallo Joachim,
ich muss ehrlich zugeben, dass es mir sehr egal ist, was mit meinem Körper nach meinem Ableben geschieht. Das sollen andere entscheiden. Ich bin ja dann nicht mehr da.
Viele Menschen denken da anders, das weiß ich, aber ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Wenn ich nicht mehr in der Wohnung lebe, kann sie für alles Mögliche genutzt werden.
Gruß,
Sebastian
Typisch Frühling… 😯
Sie steht nun mal auf hässliche böse Späße. Manchen Menschen mögen so etwas.
Frühling ist gemein (am gemeinsten sind die Pollen, die der Frühling beschert 😉 )
Super geschrieben, wie immer 🙂
Nachdem ich jetzt zwei Tage in Folge, wegen Atemnot nicht schlafen kann, kann ich Dir nur Recht geben. Diese sch##! Pollen gehen mir aber sowas von auf die Nerven.
Was ist denn bitte das Tolle daran, dass draußen alles blüht?
Da zeigt sich doch der wahre Charakter von Frau Frühling.
So kann man’s auch sehen 😉
Im Moment wird ‚draußen‘ stark überbewertet. 😉